Filmtipp

Sweet Smell of Success (1957)

Kurzbeschreibung: Starjournalist J. J. Hunsecker richtet mit seiner Kolumne über ganze Existenzen. PR-Agent Sidney Falco versucht daraus seinen eigenen Profit zu schlagen. Beide sind Zahnräder in einem gnadenlosen System, das für seine Opfer Erfolg oder Untergang bedeuten kann. Ein Film aus der Kategorie „Hollywood-Klassiker“, der eine zynische Kritik an den Perversionen moderner Medienmacht formuliert – und in dem Tony Curtis und Burt Lancaster zwei der übelsten Gestalten der Filmgeschichte darstellen.

Social-Media-Optionen

„You’re dead, son – get yourself buried!“ Der Mann, der diesen Satz ausspricht, verwendet ihn nicht als Drohung, sondern als Feststellung. „Sweet Smell of Sucess“ – oder „Dein Schicksal in meiner Hand“, wie er im grimmigen Duktus der deutschen Nachkriegsgesellschaft tituliert wurde – zeichnet das Porträt einer Zeit der Journalismus-Titanen, die aufgrund ihres kommerziellen Stellenwerts und ihrer Reichweite mit ihren Worten Karrieren, und damit manchmal ganze Leben, fördern oder zerstören konnten. Nirgendwo wird der Missbrauch massenmedialer Macht so lakonisch geschildert wie hier.

J. J. Hunsecker (Burt Lancaster) ist einer dieser Männer; seine Kolumne im Globe lesen sechzig Millionen Menschen – eine Position, die für Tyrannei anfälliger nicht sein könnte. Vor Hunsecker zittern selbst mächtige Politiker; denn jeder weiß, dass die Starfeder mit einem ungünstigen Artikel einen jederzeit zu Fall bringen kann. Hunseckers Einfluss ist das Resultat der modernen Massenmedien – einer manchmal gnadenlosen Informationsmaschinerie, die sich mit ihrer enormen Reichweite auf Denken und Verhalten der Menschen auswirkt. Was Hunsecker schreibt, bestimmt die Meinung seiner Leserinnen und Leser. Und kaum jemand ist in der Lage, den Wahrheitsgehalt seiner Sätze zu überprüfen.

Publicity-Wahn

In diesem aberwitzigen System der mediengesteuerten Meinungsbildung hat sich Sidney Falco (Tony Curtis) darauf spezialisiert, mit den Ambitionen beider Seiten Geld zu verdienen. Wie ein Satellit kreist er im Orbit der Zeitungsmacher, um den geeigneten Moment abzupassen. Für seine Klienten – v.a Leute aus dem Kulturbetrieb, die auf die Gunst des Publikums angewiesen sind – platziert er in Hunseckers Kolumne karriereförderliche Sentenzen. Hunsecker wiederum dienen diese zugesteckten „items“ – zumeist kleine Zettel – als Grundlage seiner Texte. Das ist der im Prinzip noch heute gültige Austausch von Informationen gegen Publicity.

Obwohl sich Hunsecker und Falco unterscheiden, leben sie in einer schaurigen Symbiose. Beide missbrauchen sich gegenseitig und ihre Loyalität füreinander reicht lediglich so weit, wie sie den jeweils anderen werfen könnten. Aber beide profitieren von den Schicksalen anderer Menschen, die sie zu ihrem Arbeitsgegenstand herabstufen. Und beide sind skrupellose Nihilisten, denen außer ihrem eigenen Erfolg nichts heilig ist. Der Erfolg: In ihrem Streben ist er längst zu einem Selbstzweck verkommen, nach dem nichts mehr übrigbleibt.

Wie labil die Beziehung zwischen Hunsecker und Falco dabei ist, zeigt der Konflikt, mit dem der Film beginnt: Hunsecker will Falco aus seinem Umkreis verbannen – wohlwissend, dass dies das Ende für dessen Tätigkeit als umtriebiger Medienagent bedeuten würde. Denn Falco ist nicht gelungen, Hunseckers befehlsgleich kommunizierten Willen umzusetzen, Susan Hunsecker (Susan Harrison), die jüngere Schwester, von einer Romanze mit dem Jazz-Musiker Steve Dallas (Martin Milner) abzuhalten. Nun nimmt Hunsecker die Angelegenheit selbst in die Hand – gnadenlos wie eh und je.

Drastische Medenkritik

„Dein Schicksal in meiner Hand“ besticht durch tolle Dialoge (so nennt Hunsecker seinen Handlanger Falco einen „cookie full of arsenic“), aber noch mehr durch seine beiden Hauptdarsteller: Burt Lancaster (1913–94) brilliert als oberfieser Meinungsmacher, der sich seiner Macht vollauf bewusst ist, darüber aber jegliche Moral ausgeschaltet hat. Alleine durch seine nach unten hin randlose Brille zum Technokraten stilisiert, sitzt er – ob im Restaurant oder im Büro – stets in der Nähe eines Telefons, das in seiner Gegenwart zu einer Drohgebärde wird. Aus dem Telefon erhält er seine Informationen, und mit ihm instruiert er seine Untergebenen. Wer ihm nicht in unterwürfiger Pose gegenübertritt, läuft sofort Gefahr, zu einem der nächsten Kolumnenopfer zu werden. Diesen vermeintlich kühlen Schreibtischtäter, der mit präzisen Gesten sein Gegenüber provoziert und damit zu Fehlern verleitet, spielt Lancaster beeindruckend stoisch; jeden Moment könnte er sich als explodierender Vulkan erweisen.

Tony Curtis’ Charakter wiederum erkennt zumindest die moralische Problematik, die hinter Hunseckers Praktiken steckt Info-Bubble: zum Anklicken für zusätzliches Filmwissen

Tony Curtis (1925–2010) hatte damals, 1957, schon Filme im Umfang des Lebenswerks eines durchschnittlichen Hollywood-Stars gedreht, darunter (ebenfalls an der Seite von Burt Lancaster) die Artistenromanze „Trapez“ (1956). Und dennoch lag der Zenit seiner Karriere erst vor ihm: Bedeutende Hauptrollen wie in Die Wikinger“ (1958) (Kurzreview auf Filmkuratorium.de lesen), Flucht in Ketten (1958) oder selbst „Manche mögen’s heiß“ (1959), die seinen heutigen Ruhm begründet haben, standen ihm noch bevor – damit freilich auch die faktische Festlegung auf beschwingte Komödien. Ganz zu schweigen von seinem unvergleichlichen Serien-Intermezzo mit Roger Moore in „Die Zwei“ (1971/72). Das war die Zeit, in der New Hollywood seine Blütezeit erlebte und einer wie Curtis plötzlich als Relikt einer überkommenen Epoche dastand.

; doch besser ist er nicht. Um zu Erfolg zu kommen, erpresst und manipuliert Falco, wo er nur kann. Als Hunsecker ihn vorübergehend fallen lässt, will er kurzerhand einen anderen Kolumnisten für seine Zwecke einspannen und nutzt dafür das Wissen um einen Seitensprung des Verheirateten; überdrüssig von der gespielten Freundlichkeit in seinem Berufsalltag lässt er seine hilfsbereite Sekretärin unter seiner Frustration leiden; und die Zuneigung seiner Freundin nutzt er aus, um mit deren Sexappeal einen weiteren Kolumnisten zu gewinnen. In etlichen Szenen agiert Curtis mit dem ihm eigenen Charme des eitlen Playboy und egoistischen Dressman – nur, dass er am Ende tatsächlich zu jeder Schandtat bereit ist und kaum eine Grenze der Selbsterniedrigung kennt.

Einen Blick lohnt zudem die unterschiedliche Titelgebung. Die englische Originalversion, „Sweet Smell of Success“, ist natürlich für sich genommen bereits ein kleines Kunstwerk; sie fokussiert einen Kernbestandteil des Films, nämlich das unablässige und bedingungslose Streben nach Erfolg, dem vorzugsweise solche Menschen zum Opfer fallen, denen Erfolg weitaus weniger wichtig ist. Die deutsche Version hingegen ist in ihrem deutlich martialischeren Tonfall aus der Mentalität der frühen Nachkriegsgesellschaft geboren und thematisiert den zweiten Kernbestandteil: die Macht eines Einzelnen über andere. Solange Hunsecker vom Blattmanagement getragen wird, kann er durch die massenwirksame Reichweite des Pressewesens einen großen Teil der Gesellschaft beeinflussen – wodurch er ein Machtpotenzial gewinnt, das jenes der meisten demokratisch legitimierten Politiker weit übertrifft.

Regisseur Alexander Mackendrick (1912–93) Info-Bubble: zum Anklicken für zusätzliches Filmwissen

Alexander Mackendrick (1912–93) zählt zu den bedeutenden Filmemachern des britischen Nachkriegskinos. „Dein Schicksal in meiner Hand“ hätte sein Durchbruch in Hollywood sein können; stattdessen floppte der Film an den Kinokassen und Mackendrick flüchtete sich in die Theorie, indem er eine Stelle als Dekan des Film Department of the California Institute of the Arts annahm.

inszeniert seine messerscharfe Medienkritik mit zynischen Dialogen und moralischen Abgründen, all das verstärkt durch eine düster-elegante Schwarzweiß-Optik. Die Szenen changieren zwischen dem Broadway, wo sich die pulsierende Metropole in unendlich vielen Lichtern und einem unablässigen Fahrzeugstrom manifestiert, zu trostlosen Büros in gigantischen Gebäuden. In seinem Film verkommen die glamourösen Bars und Clubs des New Yorker Nachtlebens, eigentlich bestimmt für heitere Augenblicke, zu Arenen menschlicher Tragödien. Ob Hunsecker, der sich als gottgleiche Gestalt aufführt; Falco, der seine Freundin (Barbara Nichols Info-Bubble: zum Anklicken für zusätzliches Filmwissen

Barbara Nichols (1928–1976) war in den Fünfzigern so etwas wie ein Marilyn-Monroe-Ersatz für Nebenrollen. Mit ihren wasserstoffblonden Haaren und ihrer großen Oberweite setzten sie die Regisseure gerne für stereotype Rollen ein: In „Dein Schicksal in meiner Hand“ ist sie das „Cigarette Girl“ Rita, das einflussreiche Männer um den Finger wickeln soll, in „Pal Joey“ (1957) flirtet sie als Nachtclub-Tänzerin Gladys.

) zum Sex mit einem Kolumnisten zwingt; der aufrichtige Jazz-Gitarrist, der als einziger ehrlich und dadurch in keiner Weise ein ebenbürtiger Gegner der beiden Raubtiere ist; oder Hunseckers Schwester Susan, die von ihrem kontrollwütigen Bruder dominiert wird: Sie alle erwartet eine Katastrophe.

Text verfasst von: Robert Lorenz