Filmtipp

Cool Hand Luke (1967)

Kurzbeschreibung: Ein hochdekorierter Kriegsheld landet wegen eines banalen Delikts im Provinzknast. Dort erweist er sich als „der Unbeugsame“ – doch seine antiautoritäre Attitüde provoziert den Gefängnisvorsteher. Der Film ist eine drastische Kritik am amerikanischen Justizvollzug und einer von Paul Newmans kraftvollsten Filmen.

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Die Sonne glüht über ihren schweißnassen Häuptern, mit brutaler Beharrungskraft wirbeln sie trotz der Hitze ihre Arbeitsgeräte durch die Luft. Gezeigt wird eine Sträflingskompanie bei der Straßenarbeit, irgendwo im Süden der USA. Ihnen gegenüber liegt ein Grundstück, auf dem eine Frau im engen Kleid und halboffener Bluse anfängt, mit einem Schlauch ihr Auto zu waschen. Damit beginnt die vielleicht bizarrste Autowäsche der Filmgeschichte – eine anfänglich harmlose Szene, die durch die laszive Kameraführung und das Wissen um die Blicke der unweit beobachtenden Sträflinge zu einem skurrilen Schauspiel gerät. Die namenlose Frau (Joy Harmon) präsentiert sich in der Mittagssonne einem Haufen verschwitzter, sexuell ausgehungerter Männer, Gefängnisinsassen, die am Straßenrand strapaziöse Strafarbeiten verrichten, und verwandelt diesen spießbürgerlichen Vorgang in eine verwegene Peepshow.

„Cool Hand Luke“ hat viele solch denkwürdiger Szenen. Die meisten von ihnen sind weniger heiter, einige sogar von erschütternder Härte. Diese Härte gerinnt nicht zuletzt aus dem Beginn der Handlung, im Amerika nicht lange nach Ende des Zweiten Weltkriegs: Ein Mann zertrümmert mitten in der Nacht eine Reihe von Parkuhren und wird verhaftet. Für diesen Akt banalen Vandalismus wird er zu mehreren Jahren Haft in einem von Floridas Gefängnissen verurteilt. Dieser Mann ist Luke Jackson (Paul Newman), ein dekorierter Veteran, dessen Temperament jeweils dasselbe ist, das ihn im Krieg zum Helden und im Zivilleben zum Unruhestifter gemacht hat. Jacksons Strafe ist indes drakonisch; denn zwei Jahre für eine nichtige Entgleisung, noch dazu im betrunkenen Zustand?

Für Jackson ist das Gefängnis aber zunächst vielleicht nicht der schlechteste Ort, den er sich vorstellen kann. Wie zuvor in der Armee ist er hier in festen Strukturen festgesetzt, die dem Zwang geschuldete Verminderung seiner Möglichkeiten scheint ihn in gewisser Weise zu entlasten.

Mit einem provokanten Trotz nimmt er es mit den etablierten Herrschaftsverhältnissen in der Häftlingsbaracke auf und fordert seinen Platz in der Hierarchie. Dazu beweist er enormes Durchhaltevermögen, das ihm den Respekt seiner Mithäftlinge einbringt, die ihn schon bald nur noch „Cool Hand“ nennen Info-Bubble: zum Anklicken für zusätzliches Filmwissen

Einen der zukunftslosen Gefängnisinsassen mimt der junge Dennis Hopper, zwei Jahre vor seiner legendären Rolle als freiheitsliebender Biker in „Easy Rider“ (1969).

. Aber mit seinen ständigen Konventionsbrüchen gerät er immer stärker in Konflikt mit der Wachmannschaft, deren wachsende Gewaltbereitschaft und Willkür sich bald schon offenbart.

Mit grandiosen Bildern entführt der Film in den beklemmenden Mikrokosmos eines Staatsgefängnisses im Süden der USA. Gezeigt wird der brutale, aufreibende, insgesamt deprimierende Sträflingsalltag, in dem es nicht nur darum geht, sich die Wachen gewogen zu machen, sondern sich zudem einen passablen Rang innerhalb in der teils rücksichtslosen, teils solidarischen Häftlingsgemeinschaft zu erkämpfen. Werktags müssen die Gefangenen als Straßenbauer schuften, bei Ordnungsverstößen werden sie in die „Box“ gepfercht – auch Luke landet dort mehrfach. Und so stellt sich bald die Frage: Kann der hartgesottene „Cool Hand“ dem langsamen Tod seines unerschütterlichen Freigeists entrinnen? Info-Bubble: zum Anklicken für zusätzliches Filmwissen

Für seine Darstellung des Dragline, einen von Jacksons Mitgefangenen, erhielt der damals bereits über vierzigjährige George Kennedy den „Oscar“ für die beste Nebenrolle (Paul Newman war als bester Hauptdarsteller nominiert, unterlag aber seinem Kollegen Rod Steiger). Vielen dürfte Kennedy als Frank Drebins Vorgesetzter Ed Hocken in den anarchischen 1980er-Scherzknüllern um die „Nackte Kanone“ im Gedächtnis geblieben sein; daneben spielte er aber in zahllosen Katastrophenfilmen der Siebziger und in der Ölbohr-Saga „Dallas“.

Die Gesellschaftskritik, die der Film formuliert, scheint aus heutiger Sicht wenig subtil zu sein: der undankbare Umgang mit verdienten Kriegsveteranen, die völlig überzogene Ahndung stupiden Vandalismus, menschenunwürdige Haftbedingungen oder illegale Schikanen gnadenloser Gefängniswärter. All das dürfte niemanden mehr schockieren, insbesondere nach Filmen wie „Papillon“ (1973) oder „Brubaker“ (1980), inzwischen ikonische Gefängnisdramen. Doch diese Filme kamen nach „Cool Hand Luke“, dessen Originalität sich heute nur noch schwer nachvollziehen und dessen zeitgenössische Wirkungskraft sich bloß noch erahnen lässt. Man mag auch kaum glauben, dass dieses Drama, das längst einen festen Platz in der ewigen Liste grandioser Filme hat, das Kinodebüt von Regisseur Stuart Rosenberg war, der bis dahin nur für das Fernsehen gearbeitet hatte.

Kleine Szenen und Dialoge sind allerdings auch so noch immer beeindruckend. Neben der bereits erwähnten Autowachsequenz ist das z.B. ein irrer Coup: Mit unverfrorener Selbstverständlichkeit antwortet Luke auf die Frage seiner Mitinsassen, was er eigentlich könne: „Fünfzig Eier essen.“ Daraus entwickelt sich eine famose Wette, die die gesamte Häftlingshütte in Aufruhr versetzt und vor dem Showdown natürlich nach diszipliniertem Training verlangt, das von Luke auch knallhart durchgezogen wird, um anschließend in einer Fressorgie zu gipfeln. Eine andere Szene demonstriert die menschenverachtende Brutalität des Gefängnispersonals: Während ein Wärter stoisch dem auf der Flucht gefassten Luke eiserne Fußfesseln anlegt, setzt der Captain (Strother Martin) in dem stets bedrohlich klingenden Südstaatensingsang und mit halb geschlossenen Augen zu einer Strafpredigt an. Noch ehe er zwei Sätze gesagt hat, provoziert ihn Luke mit einem süffisanten Spruch. Daraufhin prügelt ihn der Chefaufseher eine Böschung hinunter; während der Gefesselte im Staub liegt, ringt der Captain um Fassung und spricht den Satz, der danach zur oft zitierten Sentenz geworden ist: „What we’ve got here is … failure to communicate.“ Info-Bubble: zum Anklicken für zusätzliches Filmwissen

Der Film basiert auf einem autobiografischen Roman des Ex-Häftlings Donn Pearce aus dem Jahr 1966, der seinem unkonventionellen Autor seinerzeit einen großen Literaturerfolg bescherte.

Text verfasst von: Robert Lorenz