Serientipp

The Crimson Field (2014)

Kurzbeschreibung: Im Gedenkjahr 2014 ist kaum ein Aspekt ausgelassen worden, der mit dem Ersten Weltkrieg zu tun hat. Die BBC widmete sich dem Thema mit zahlreichen Produktionen, eine sticht dabei besonders heraus. Eine Miniserie, die den Alltag von Krankenschwestern, Ärzten und Verwundeten in einem Lazarett nahe der Front in Frankreich 1915 schildert.

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Im Rahmen eines umfangreichen Specials zum hundertsten Jahrestag des Weltkriegsbeginns im Sommer 1914 produzierte die BBC eine Serie, die den nicht minder blutigen Kriegsalltag abseits der Front zeigt. „The Crimson Field“ lenkt den Blick auf einen Ort, der bei der Betrachtung des Kriegsgeschehens zumeist ausgeblendet wird: das Lazarett. Gemeinsam mit drei Pflegenovizinnen trifft der Zuschauer in Nordfrankreich ein, nicht unweit des Frontverlaufs. Obwohl der Krieg erst vor Kurzem begonnen hat, kommen im Lager nicht nur körperlich, sondern auch seelisch versehrte Soldaten an. Während die überforderten Ärzte ihr blutiges Handwerk verrichten, müssen die Krankenschwestern die Überlebenden versorgen. Hier deutet sich die später ständig perfektionierte Kriegsmaschinerie schon an: Die Verwundeten werden in Lastern in das Lager gekarrt und dort in den Betten drapiert; sobald sie wieder einigermaßen auf den Beinen stehen können, rücken sie zu Fuß in langen Kolonnen aus, um an ihre Frontabschnitte zurückzukehren.

Die Rahmenhandlung ist originell und wird mit klassischen Serienzutaten vermengt: Bei den meisten Charakteren offenbart sich nach kurzer Zeit ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit, die üblichen Intriganten sind auch dabei und sorgen schon bald für Zwietracht und Konflikte. Da ist zum Beispiel der sensible Lagerkommandant Brett (Kevin Doyle), der sich über die menschenverachtende Praxis eines Kontrolleurs hinwegsetzt und einen traumatisierten Frontkämpfer in die Heimat zurückschicken will und damit ausgerechnet Schwester Quayle (Kerry Fox) betraut, die seit der letzten Postenvergabe von Brett übergangen fühlt und auf Revanche aus ist. Soldaten, die sich partout ihre körperlichen Schwächen nicht eingestehen wollen, weil sie sich sonst nutzlos fühlen, nicht als Schwächlinge dastehen oder ihre Kameraden im Stich lassen wollen.

Fleißige Konsumenten anderer (britischer) TV-Serien werden in „Crimson Field“ auf bekannte Gesichter treffen: Der befehlshabende Offizier im Lager begegnet uns in „Downton Abbey“ als der glücklose Butler Mr. Molesley (Kevin Doyle); der beinamputierte Truppenführer Major Crecy ist andernorts „Sherlock“-Kumpel DI Lestrade (Rupert Graves); Samuel West, Reporter Frank Edwards aus „Mr Selfridge“, brilliert als diabolischer Ehemann Elliot Vincent; und die ebenso unnahbare wie geheimnisvolle Pflegerin Kitty Trevelyan zeugt von Darstellerin Oona Chaplins offenkundiger Vorliebe für die schauspielerische Sorge um verwundete Kämpfer, denn in „Game of Thrones“ spielt sie die Heilerin Talisa Maegyr.

Aufgrund des beklemmenden Hintergrundthemas bietet „The Crimson Field“ zwangsläufig kein sonderlich heiteres Ambiente, aber als Ausgleich eine wohltuende Mixtur aus sympathischen Figuren und fiesen Charakterschweinen, die dem Ganzen trotz der düsteren Szenerie eine charmante Aura verleiht. Last but not least gipfelt die Erzählung in einer dramatischen Liebesgeschichte, die – freilich wenig subtil – den Irrsinn von Krieg und Patriotismus verdeutlichen soll.

Gewöhnen sollte man sich dennoch nicht an „The Crimson Field“; denn unfreiwillig ist es faktisch zu einer Miniserie geworden. Entgegen der erklärten Absicht von Drehbuchautorin Sarah Phelps stellte die BBC die Serie schon nach der ersten Staffel ein – so als ob ohnehin von Anfang an keine weiteren geplant gewesen wären, was einige der Beteiligten jedoch anschließend bestritten. Die „Crimson Field“-Crew hatte sich vielmehr auf weitere Staffeln eingestellt, in denen, passend zum jeweiligen Abstand von hundert Jahren, auch die übrigen Kriegsjahre thematisiert werden sollten. Für eines hat es immerhin gereicht.

Text verfasst von: Robert Lorenz