Der Haß ist blind (1950)

Filmtipp

Atmosphäre des Films:

Sehenswert: Der erste große Film des späteren Stars Sidney Poitier

Kurzbesprechung:

Aus Cineastensicht ist der erste Film eines Stars eigentlich immer sehenswert. „Der Haß ist blind“ ist aber nicht bloß das Leinwanddebüt von Sidney Poitier – eine Zeit lang einer der größten Stars überhaupt –, sondern auch ein noiriges Drama voll brisanter Sujets seiner Zeit.

Da ist natürlich zuallererst Poitiers Figur: Dr. Luther Brooks, ein schwarzer Arzt in einem von weißen dominierten Krankenhaus, bespuckt, geschlagen und beleidigt von seinen Patienten und ihren Angehörigen; seine erst 23 Jahre lassen Poitier selbst im Vergleich zu seinen nur wenige Jahre später gespielten Rollen, passend zu seinem Novizenstatus, blutjung erscheinen. Dann sind da aber auch Brooks’ Förderer und Mentoren, die es sich ein wenig mit ihrem liberalen Selbstbild bequem gemacht haben und das Maximum an möglichen Beiträgen zur Gleichstellung erfüllt sehen, indem sie einen schwarzen Arzt im Stab haben. Zur Sprache kommt aber auch der prekäre Status der Klinik, für die deren Chef wie ein Hausierer immer wieder Geld auftreiben muss und die in ihrer Personal- und Geräteausstattung stets hinter dem tatsächlichen Bedarf zu liegen scheint. Und schließlich natürlich das große Gesellschaftsproblem der USA, im Film personifiziert durch den geifernden Rassismus des Ray Biddle, den Richard Widmark voll aggressiver Hinterlist spielt.

Die Biddle-Brüder gehören zum Abschaum, die der soziale Brennpunkt Beaver Canal in die Mitte der Gesellschaft spült, als sie – angeschossen bei einem missglückten Raubüberfall – im Gefängnishospital landen. Als der eine Bruder während der Behandlung durch Dr. Brooks verstirbt, ist der verbliebene der unumstößlichen, beinahe verschwörungstheoretischen Meinung, der schwarze Arzt habe den weißen Patienten hinterrücks ermordet. In der Luft liegt von nun an Rache.

Mit seiner souveränen Verschlagenheitsmimik porträtiert Widmark einen widerlichen Rassisten, der mit irrationalem Hass ausgerechnet den Menschen attackiert, der ihm medizinische Hilfe leisten will. Zwischen den beiden Doppel-„Oscars“ für Drehbuch und Regie, die der seinerzeit mit Preisen überhäufte Jospeh L. Mankiewicz 1950 für A Letter to Three Wives“ (1949) und 1951 für All About Eve“ (1950) erhielt, ging „Der Haß ist blind“ in der Filmhistorie etwas unter. Aber wie sich hier an einer Schnittstelle der Gesellschaft – im Krankenhaus – der Rassenhass offenbart, ist auch heute noch ein eindrückliches Filmerlebnis.