Filmtipp

A Breed Apart (1984)

Kurzbeschreibung: Ein exzentrischer Multimillionär will seine Sammlung seltener Vogeleier mit einem ganz besonderen Exemplar aufwerten. Der Bergsteiger, den er dafür anheuert, trifft in der Nähe des Hortes jedoch auf einen waffenstrotzenden Naturschützer. Der Film reflektiert tiefsitzende Probleme der amerikanischen Gesellschaft zu Beginn der Achtziger.

Social-Media-Optionen

Was für ein Desaster. Eine ganze Drehrolle kam damals beim Transport ins Studio abhanden. Einfach so. Die Leute im Schneideraum mussten daher wild improvisieren, als sie „A Breed Apart“ im Anschluss an das Location shooting in den bewaldeten Bergen von North Carolina fertiggstellten. Einige Kritiker beanstandeten dann auch unzusammenhängende Plot-Teile und unvollständige Hintergründe der Charaktere des Films. Trotzdem ist „A Breed Apart“ ein sehenswerter Streifen geworden.

J.P. Whittier (Donald Pleasence) hat viel Geld – und ein extravagantes Hobby. Der Millionär ist leidenschaftlicher Sammler seltener Vogeleier und hat sich eine vollständige Sammlung der einzigartigsten Exemplare zum Ziel gesetzt. Als er von einer Art hört, deren Eier noch nicht in seiner Vitrine liegen, heuert er den ambitionierten Bergsteiger Mike Walker (Powers Boothe) an. Für 200.000 Dollar soll der zum Hort an entlegener Stelle kraxeln und Whittier die begehrten Eier bringen – wohlwissend, dass dies höchstwahrscheinlich den Exitus der Adlerrasse bedeuten wird. Das Honorar soll eine Expedition finanzieren, mit der Walker sein Profil als einer der weltbesten Kletterer schärfen will.

Doch als Walker an der Insel der seltenen Vögel ankommt, muss er feststellen, dass nicht der Steilhang das größte Hindernis auf dem Weg zu seinem Reichtum ist. Denn das naturbelassene Gebiet gehört einem Vietnam-Veteranen, dem Gesellschaftsaussteiger Jim Malden (Rutger Hauer), der sich dort ein Refugium geschaffen hat, in dem er im Einklang mit Flora und Fauna lebt und das er mit allen Mitteln verteidigt.

Malden, der mit einer Schlange, jungen Braunbären und anderen animalischen Gefährten in tiefer Zurückgezogenheit lebt, sieht sich als Hüter der gegen Menschenhand wehrlosen Tiere. Der einzige Kontakt zur Zivilisation sind seine sporadischen Besuche im Boot- und Anglergeschäft von Stella Clayton (Kathleen Turner), bei der er sich mit Nachschub versorgt. Clayton ist von dem wortkargen Einsiedler fasziniert, der sich aber ihren zaghaften Annäherungsversuchen widersetzt.

Malden gerät in Konflikt mit einheimischen Freizeitjägern, die sich auf seiner „Cherokee Island“ ein paar Vögel als Trophäen schießen wollen. Doch ist der rätselhafte Eremit kein stereotyper Natur- und Tierschützer: Der traumatisierte Vietnam-Veteran entpuppt sich als tödlicher Dschungelkämpfer, der mit Härte und Präzision seine Insel gegen Eindringlinge verteidigt. Der listige Walker gewinnt allerdings Maldens Vertrauen und wartet von nun an auf einen geeigneten Moment, zur Brutstätte von Maldens Adlern vorzudringen.

Superber Cast

„A Breed Apart“ fährt einen superben Cast auf. Bei dem Niederländer Rutger Hauer reiht sich die Rolle des waffenstrotzenden Vogelhüters in ein breites Spektrum extremer Figuren ein: u.a. spielte er einen Terroristen, einen SS-Offizier und einen Vampirjäger; seine erste große Rolle hatte er zwei Jahre vor „A Breed Apart“ als Replikant Roy Batty in der Cyberpunk-Dystopie „Blade Runner“ (1982). Für die Rolle des bergsteigenden Auftragsdiebs heuerten die Produzenten den seinerzeit gefeierten TV-Star Powers Boothe an; der Texaner mit der Statur eines Footballspielers hatte für sein erschreckend überzeugendes Spiel als Sektenführer in „The Guyana Tragedy“ (1980) gerade einen „Emmy“ gewonnen; weil Boothe als einziger der ausgezeichneten Schauspieler an der Preisverleihung teilnahm, obwohl die Screen Actors Guild gerade streikte, erregte er damals großes Aufsehen („This is either the most courageous moment of my career or the stupidest …“).

Der skrupellose Millionär, der sein persönliches Vergnügen über die Existenz einer ganzen Spezies stellt, ist mit Donald Pleasence besetzt, dem notorischen Darsteller skurriler Typen (unvergesslich seine Rolle als wunderlicher Schlossherr in Roman Polanskis „Cul-de-sac“ aus dem Jahr 1966). Obwohl nur in einer Nebenrolle untergebracht, überragte Pleasence zur damaligen Zeit mit seiner Filmkarriere alle anderen im „A Breed Apart“Cast. So hatte Pleasence u.a. 1963 den virtuosen Fälscher Blythe in „The Great Escape“ gespielt, in „The Eagle Has Landed“ (1976) war er das menschenverachtende SS-Oberhaupt Heinrich Himmler, v.a. aber lieferte er im Jahr 1967 mit seiner ikonischen Interpretation des James-Bond-Erzfeindes Ernst Stavro Blofeld in „You Only Live Twice“ die Vorlage für den Dr. Evil in Mike Myers’ Spionage-Parodie „Austin Powers: International Man of Mystery“ (1997).

Und nicht zuletzt Kathleen Turner als alleinerziehende Ladenbesitzerin am Rand der Zivilisation, die sich nach einer Romanze mit dem mysteriösen Einzelgänger sehnt. Im Produktionsjahr von „A Breed Apart“ (1984) drehte sie auch ihren Welterfolg „Romancing the Stone“ (dt.: „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“), in dem sie als erfolgreiche Autorin kitschiger Abenteuerromane an der Seite von Michael Douglas und Danny DeVito brilliert; 1986 verewigte sie die österreichische Pop-/Rock-Ikone Falco in seinem Song „The Kiss Of Kathleen Turner“. „A Breed Apart“ steht am Anfang ihrer fulminanten Karriere, die in den 1990er Jahren unter ihrem Arthritis-Leiden zusammenbrach und in den 2000er Jahren mit exzentrischen Gastrollen in den TV-Serien „Friends“ und „Californication“ ein sympathisch uneitles Comeback erlebte.

Im Zeichen der Zeit

„A Breed Apart“ entstand im Zeitgeist eines zunehmend kritischen Umweltbewusstseins und präsentiert sich letztlich als Ökoabenteuer. Auch in der zeitgenössischen TV-Serie „MacGyver“ (1985–92), die ein Jahr nach „A Breed Apart“ startete, findet sich eine Episode, in der es um den Schutz einer von Menschen bedrohten Raubvogelart geht; doch anders als der jeglicher Waffengewalt entsagende Protagonist Angus MacGyver trifft der Zuschauer in „A Breed Apart“auf den Ex-Soldaten Malden, der in Vietnam gekämpft hat und vor dem Einsatz von Gewehren und Armbrüsten nicht zurückschreckt. Während MacGyver, der ebenfalls als Naturschützer hervortritt, seine oftmals mit Schusswaffen bewehrten Gegner mit der geistigen Kraft seines Erfindungsreichtums und seiner Bildung bekämpft, herrscht in „A Breed Apart“ zwischen idealistischen Naturbewahrern und unverbesserlichen Naturfrevlern buchstäblich Waffengleichheit.

Die Botschaft ist klar: Der Film kontrastiert das friedliche Leben der Adler abseits der menschlichen Zivilisation mit dem brutalen Freizeitvergnügen hedonistischer Machos. Er plädiert für die Intervention geläuterter Menschen, die Natur wenigstens dort zu bewahren, wo es ohne gravierende Einbußen für die menschliche Lebensführung möglich ist, da die Tiere andernfalls einem ungewissen Schicksal ausgeliefert sind.

Ein anderer gesellschaftskritischer Aspekt ist der amerikanische Vietnam-Komplex, der hier, ein Jahrzehnt nach Kriegsende, noch immer fortwirkt. Malden ist eine kaputte Seele, ausgespuckt vom Post-Vietnam-Amerika. Wie im Falle von Ökologie und „MacGyver“ war auch dieses ungelöste Sozialproblem zur Zeit von „A Breed Apart“ das Thema einer US-Fernsehserie: In „The A-Team“ (1983–87) werden abtrünnige Mitglieder einer Spezialeinheit von der Militärpolizei gejagt, während sie als Mentoren einer Art wehrhaften Zivilgesellschaft durch die USA reisen. Einer von ihnen, Murdoch, ist ein brillanter Helikopterpilot, der sich zur Bewältigung seiner Kriegserinnerungen in eine infantile Persönlichkeit zurückgezogen hat. Malden, der waffenstrotzende Vogelhüter, wird dagegen von Flashbacks geplagt.

Kurzum: „A Breed Apart“ ist ein Zeitzeugnis im Hollywood-Format, das tiefsitzende Probleme der amerikanischen Gesellschaft reflektiert.

Text verfasst von: Robert Lorenz