Filmtipp

Jagged Edge (1985)

Kurzbeschreibung: Eine reiche Frau stirbt einen brutalen Tod, ihr Ehegatte ist der Hauptverdächtige. Sein Motiv: Gier. Der einflussreiche Publizist engagiert eine Topanwältin und beteuert seine Unschuld – aber wer ist der wahre Mörder? Glenn Close und Jeff Bridges im vielleicht spannendsten Thriller der 1980er Jahre.

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Selbst die Polizisten sind fassungslos, der Staatsanwalt wendet sich schockiert ab – wer tut so etwas, und aus welchem Motiv? Die Männer stehen vor einem Blutbad: Eine millionenschwere Unternehmerin und ihre Haushältern wurden in einer Strandvilla nahe San Francisco ermordet, brutal, vom Täter fehlt jede Spur.

Der naheliegende Verdacht fällt auf den Ehegatten, denn der managt das Zeitungshaus der Toten und hat als Alleinerbe deren Vermögens den größten Profit. Der öffentliche Meinungsmacher Jack Forrester (Jeff Bridges) ist als Angeklagter jetzt selbst ein Medienereignis. Um sich aus dieser misslichen Lage zu befreien, engagiert der Witwer die renommierte Anwältin Teddy Barnes (Glenn Close), die in diesem kniffligen Fall ihrem einstigen Boss, dem Staatsanwalt Thomas Krasny (Peter Coyote), gegenübersteht. Mit dem hat sie noch eine Rechnung offen. Umgehend schickt sie ihren bewährten Schnüffler los: Sam Ransom (Robert Loggia), ein abgewrackter, in Lethargie erstarrter Typ, der aber auf der Jagd nach Akten und Aussagen zu neuem Leben erwacht und jedem Hinweis nachgeht, jeden noch so belanglosen Zeugen aufsucht, um entlastendes Material zugunsten des Klienten aufzutreiben. Wegen Forresters Position und der Brutalität der Tat ist die Verhandlung das Stadtgespräch der Westküstenmetropole.

Klar, der Plot von „Jagged Edge“ ist so alt wie die Rechtsgeschichte selbst, eine Konstellation, wie sie im Kern vor tausenden von Jahren nicht anders gewesen und die schon hunderte Male verfilmt worden ist: Ein reicher Mann wird des Mordes aus Habgier verdächtigt, aber sein Reichtum gestattet ihm die Bezahlung eines vorzüglichen Rechtsbeistands, der ihn raushauen soll aus dieser unbequemen Situation – und dem das vermutlich auch gelingen wird. Die wirkliche Schuld zu klären, ist indes eine mühevolle Aufgabe, deren moralisch so nötige Vollendung niemand garantieren kann.

Aber das ist hier kein Problem. Denn eine Sache zeichnet den Film ganz besonders aus und gleicht den Originalitätsmangel der Rahmenhandlung locker aus: „Jagged Edge“ gelingt es tatsächlich, die Identität des Killers bis zum Schluss offenzuhalten und mindestens drei Charaktere völlig plausibel als ultimativ Mordverdächtige dastehen zu lassen – so sehr, dass sich sogar seinerzeit etliche Kinobesucher selbst noch nach dem Filmende nicht sicher waren, wer der Mörder ist. Denn die Schlussszene zeigt ihn in relativ schlechtem Licht.

Hinzu kommt die fabelhafte Besetzung: In herrlich widerlicher Weise gibt Peter Coyote den gewissenlosen Staatsanwalt, dem kein Preis fĂĽr einen Karrieresprung zu hoch scheint und der deshalb auch mal Unschuldige in den Knast bringt oder sachdienliche Hinweise ignoriert. Jeff Bridges wiederum ist als tragischer Witwer und erfolgreicher Publizist genial doppeldeutig, ein Mann, dem alles zuzutrauen ist: von der eiskalten Manipulation bis zur bemitleidenswerten Hilflosigkeit. Robert Loggia spielt den hartnäckigen Ermittler, der einstmals meisterlich seine Jobs ausfĂĽhrte, sich nun aber lieber im Unterhemd mit Dosenbier abfĂĽllt, durch den Fall aber wieder aufblĂĽht. Und in der Rolle der ungemein toughen, rhetorisch versierten Verteidigerin kann man sich nach dem Film eigentlich keine andere als Glenn Close mehr vorstellenInfo-Bubble: zum Anklicken für zusätzliches Filmwissen

Kennen wir die inzwischen sechsfach „Oscar“-nominierte Glenn Close heute als festen Bestandteil der Riege großer Hollywoodstars, so datiert „Jagged Edge“ noch aus einer Phase, in der Close gerade ihren Ruhm erst begründete. Ihre beiden Megaerfolge „Eine verhängnisvolle Affäre“ (1987) und „Gefährliche Liebschaften“ (1988) kamen erst in den darauffolgenden drei Jahren zustande.

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Text verfasst von: Robert Lorenz