Filmtipp

Diner (1982)

Kurzbeschreibung: Baltimore in den Fünfzigern: In der emotional schwierigen Phase ihrer Postadoleszenz findet eine Gruppe von Freunden im Diner ein Refugium. Regisseur Barry Levinson bietet für seinen feinfühligen Coming-of-Age-Film viele originale Fahrzeuge und Nachwuchsstars auf.

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Baltimore, Ende 1959. Sechs junge Erwachsene tun sich schwer, ihre Jugend abzuschließen, Verantwortung zu übernehmen und dauerhafte Beziehungen einzugehen – Coming of Age in Reinform. In dieser heiklen Übergangsphase vermischen sich Jux und Ernst: So erlauben sie sich jungenhafte Scherze – der eine simuliert mit Ketchup einen Autounfall, der andere wettet, ein Mädchen zu verführen –, geraten aber gleichzeitig in erste Lebenskrisen. Eddie (Steve Guttenberg) will seine Verlobte nur dann heiraten, wenn sie sich genügend American-Football-Wissen angeeignet hat; Shrevie (Daniel Stern) hat noch nicht verstanden, dass das Zusammenleben mit einer Partnerin gewisse Kompromisse verlangt – und rastet aus, nachdem Beth (Ellen Barkin) seine penibel sortierte Plattensammlung in leichte Unordnung gebracht hat; Boogie (Mickey Rourke) halst sich leichtfertig bei einem zwielichtigen Gesellen eine immense Wettschuld auf und muss nun um seine Gesundheit fürchten; und der meistens angetrunkene Timothy (Kevin Bacon) ist von den Erwartungen überfordert, die ihm seine Herkunft aus einer erfolgreichen Familie aufbürdet. Unbeschwert sind alle nur im „Fells Point Diner“, dem Ruhe- und Fluchtpunkt ihres Lebens.

„Diner“ wartet mit einer Riege ungemein talentierter Darsteller auf, die sich in wunderbaren Dialogen auseinandersetzen, und mit einer kulturellen Momentaufnahme des Lebens an der amerikanischen Ostküste rund 15 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg: Massenkonsum, Elektrifizierung des Haushalts und Kalter Krieg sind längst keine neuen Phänomene mehr, der Lebensstandard der Menschen ähnelt mehr dem heutigen als dem nur ein, zwei Jahrzehnte zuvor.

„Diner“ kam 1982 in die Kinos; zu diesem Zeitpunkt ließ sich über die künftige Laufbahnentwicklung der Besetzung nur orakeln, ein jeder der Hollywood-Youngsters besaß vielversprechende Aussichten. Für die Schauspielkarrieren von Stern und Bacon war „Diner“ ein Durchbruch, Barkin feierte darin ihr Leinwanddebüt und Steve Guttenberg war anschließend der Held von vier „Police Academy“-Filmen (1984–87).

Eine tragische Dimension erhält „Diner“ dagegen mit Blick auf Mickey Rourke. Rourke war damals schon dreißig und hatte bereits eine fast zehnjährige Karriere als Amateurboxer hinter sich. Sein Erscheinungsbild in „Diner“ könnte keine größere Kontrastfolie zu seinem heutigen Rourke bilden. Insofern besitzt der Film musealen Charakter, denn er dokumentiert Rourkes feine Gesichtszüge, den Zustand eines nicht mehr lange unversehrten Körpers. Als Rourke Anfang der Neunziger seine Boxerlaufbahn wiederaufnahm und sogar im Profibereich kämpfte, zusätzlich aber in eine Lebenskrise stürzte, endete das mit dem körperlichen Ruin. Seine Nase musste mit Ohrenknorpel notdürftig rekonstruiert werden, der Rourke aus „The Wrestler“ (2008) ist deshalb nicht allein altersbedingt eine weit entfernte Version des jungen Darstellers im Jahr 1982.

Text verfasst von: Robert Lorenz