Save the Tiger (1973)
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In diesem Film erinnert nichts an die unbeschwerten Billy-Wilder-Komödien, die Jack Lemmon in den 1950er und 1960er Jahren berühmt und unsterblich gemacht haben. „Save the Tiger“ zeigt zwei Tage im Leben eines depressiven Fabrikanten, der im Amerika der pessimistischen Post-Vietnam-Ära um das Überleben seiner Firma kämpft und dabei immer größere Teile seiner Moral und Gesetzestreue aufgibt.
Harry Stoner (Lemmon) ist einer der American Dreamer, die sich mit Tatkraft und Unternehmergeist eine eigene Existenz aufgebaut haben. Doch sein ehemals florierender Bekleidungsbetrieb steht unmittelbar vor der Insolvenz und beschert dem Kleinindustriellen schweißtreibende Albträume. Vom Berufs- und Eheleben desillusioniert, betrügt er seine Frau mit einer kiffenden Zwanzigjährigen, beschäftigt Schwarzarbeiter und umwirbt potenzielle Großkunden mit Prostituierten. Die Angst um sein Lebenswerk, die Fabrik, lässt ihn immer weitere Grenzen überschreiten: Schließlich beauftragt er einen selbsternannten „Spezialisten“, sein Fabrikgebäude in Brand zu setzen, um die Versicherungssumme zu kassieren.
Für die Darstellung des tragischen Fabrikbesitzers, der immer wieder von Veteranen-Flashbacks der Kämpfe am italienischen Strand von Anzio während des Zweiten Weltkriegs gejagt wird, erhielt Lemmon den „Oscar“ für die beste männliche Hauptrolle. Und Lemmon spielt in der Tat fantastisch. Auf Begleitmusik wurde weitgehend verzichtet, was den Szenen erst ihre Intensität und dem Drama den Charakter eines Dokumentarfilms verleiht. Und nicht zuletzt der bizarre Umstand, dass die anderthalb Stunden Spieldauer ungefähr anderthalb Tagen im Leben des Protagonisten Stoner entsprechen. Während der rund 100 Minuten sieht man einem Mann dabei zu, wie er unter dem Druck seiner Lebens- und Arbeitsbedingungen zerbröckelt, seine Prinzipien preisgibt und zum Kriminellen wird.
TextRobert Lorenz
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