Ardennen 1944 (1956)
Filmtipp
Atmosphäre
:Sehenswert: Ein Antikriegsfilm der Gesichter und kleinen Räume
Kurzbesprechung:
Das Stakkato des Maschinengewehrfeuers verschanzter Wehrmachtssoldaten ist die unheilvolle Soundkulisse zu Beginn von „Ardennen 44“, vor der die US-amerikanischen Nationalgardisten im Kugelhagel an der Westfront von ihrem Kommandeur wieder einmal im Stich gelassen werden.
Captain Erskine Cooney ist ein serviler Feigling, nur deshalb noch auf seinem Posten des Kompaniechefs, weil er aus einer Upperclass-Familie stammt, deren Kontakte und Prestige der Bataillonskommandeur Bartlett zu Hause in den Staaten nach seiner Rückkehr für eine Karriere in der Politik nutzen will. Cooneys Gegenspieler ist Lieutenant Joe Costa, ein abgeklärtes Frontschwein, der immer seine Männer über sein eigenes Schicksal stellt und tödliche Rache schwört, sollte Cooney ihn noch ein einziges Mal verraten.
„Ardennen 44“ ist ein Film der Gesichter und der geschlossenen Räume – von Offizieren am Pokertisch, von Soldaten unter Beschuss in Kellern, Ruinen oder Bauernhäusern. Bis in die Nebenrollen ist der Film sehenswert besetzt, mit Robert Strauss, Buddy Ebsen oder Richard Jaeckel, mit Kurzauftritten von Strother Martin und Peter van Eyck.
Eddie Albert porträtiert mit Captain Cooney ziemlich genial einen vordergründigen Angsthasen, der in Wirklichkeit ein psychisch kaputtes Opfer seines brutalen Elitevaters ist; Lee Marvin als Colonel Bartlett benutzt seine Zigarre wie ein Zepter und hat als Ex-Marine und Pazifikveteran eine militärische Ausstrahlung par excellence; William Smithers gibt ein starkes Leinwanddebüt als Lieutenant Woodruff, der zwischen Cooney, Bartlett und Costa steht, ein Offizier, an dem sich die Moral entscheidet; eine geradezu verrückte, drastische Performance liefert indes Jack Palance als Lieutenant Costa, der immer wieder gegen aussichtslose Lagen ankämpft, sich irgendwann nur noch hinkend und völlig ramponiert durch die zerschossene Stadt schleppt.
„Ardennen 44“ ist auch ein Kinomoment, in dem Regisseur Robert Aldrich einen der anderen großen Regisseure seiner Generation antizipierte, Robert Altman: „Ardennen 44“ imponiert sofort durch seine ungewöhnlichen Kameraperspektiven – mal aus einem Einschussloch in einer Fensterscheibe, mal durch ein Regal oder die Pfosten eines Geländers hindurch, womit das Publikum in eine genuine Beobachterrolle versetzt wird. Mit geringen Mitteln hat Aldrich eine der besten Kampfszenen gefilmt: den verlustreichen Ansturm des Platoons unter starkem Beschuss auf eine zerstörte Kleinstadt, nach welchem sich die GIs völlig außer Atem in einem kleinen Gebäude erholen. Und durch den ganzen Film zieht sich eine expressionistische Mise en Scène des Häuserkampfes.