See No Evil (1971)

Filmtipp

Atmosphäre des Films:

Kurzbesprechung:

Die „Stiefel, die den Tod bedeuten“, auf denen die deutsche Titelversion beruht, treten gleich in der ersten Szene von „See No Evil“ ins Bild. Und natürlich lässt sich da schon erahnen, dass die Trägerin oder der Träger dieses exzentrischen Schuhwerks im Cowboystil nichts Gutes im Schilde führt. Und die folgenden knapp anderthalb Stunden wird es genau darum gehen: um das Gesicht oberhalb dieser Stiefel. Mia Farrow spielt Sarah, eine junge Blinde, die bei einem Reitunfall ihr Augenlicht verloren hat und nach einer Zeit der Selbstisolation nun in das Haus ihrer Tante zurückkehrt – in einen stattlichen Landsitz der englischen Upperclass in Berkshire.

Der – teils enorme – Suspense von „See No Evil“ erwächst aus dem völlig unterschiedlichen Kenntnisstand des Publikums und der Protagonistin: Während sie sich arglos durch das Haus tastet, sehen wir, was dort geschehen ist. Der einzige Aspekt, bei dem uns Richard Fleischer mit Sarah effektiv gleichstellt, ist die unbekannte Person, die von der ersten Szene des Films an bis zum Schluss lediglich anhand ihrer Cowboystiefel gezeigt wird und bei der uns die Kamera mit stark eingeschränkter Sicht auf den Straßenasphalt oder den Kneipenfußboden versetzt. Die ländliche Abgeschiedenheit wird hier nicht idyllisiert, sondern dient ganz im Gegenteil als Grundlage einer beklemmenden Einsamkeit und des Gefühls, einer anonymen Bedrohung ausgeliefert zu sein. Man wundert sich hinterher nicht, dass der Drehbuchautor Brian Clemens auch an And Soon the Darkness“ (1970) mitgeschrieben hat, bei dem zwei Mädchen beim Radurlaub in Frankreich auf der Landstraße in ein düsteres Schicksal gesogen werden. „See No Evil“ ist in seiner denkbar unspektakulären Szenerie (die Villa, ein Wald, eine Kiesgrube) und den souverän herbeigeführten Spannungsmomenten ein unbedingt sehenswertes Horrorthrillerschmuckstück.