Tunnel der lebenden Leichen (1972)

Filmtipp

Atmosphäre des Films:

Sehenswert: Einer der besten britischen Horrorfilme

Kurzbesprechung:

Im Londoner Underground schlummert ein grauenvolles Erbe des viktorianischen Zeitalters – einst wurden beim Graben eines U-Bahn-Schachtes die Arbeiter mitsamt ihren Ehefrauen verschüttet und die Baufirma hatte kein Geld mehr, um die Überlebenden zu befreien.

Der knapp anderthalbstündige, zeitgenössisch leider untergegangene „Tunnel der lebenden Leichen“ besticht gleich durch mehrere Facetten: Donald Pleasence, der Auffälligste unter den unauffälligen Schauspielern, amüsiert als proletarisch angehauchter Kriminalkommissar, der einen vermissten Regierungsangestellten sucht und dabei ein süffisantes Mimikspektrum zelebriert. Und dann ist da noch das Zeitkolorit der frühen Siebziger mit dem neonfarbenen Rotlichtmilieu, Arbeiterkindern gegen Upperclass-Privilegierte oder despektierlich Sprüche über das Studentenleben mit langen Haaren und Protestmärschen. Hugh Armstrong liefert zweifellos eine formidable Schauderrolle ab – doch bleibt es eines der großen uneingelösten Versprechen der Kinogeschichte, was der ursprünglich vorgesehene Marlon Brando aus dieser Figur gemacht hätte, wenn er wegen familiärer Gründe nicht zur Absage gezwungen worden wäre.

Tunnel der lebenden Leichen“ ist ein Horrorfilm, in den sich vieles hineininterpretieren lässt – allem voran die Metapher einer Gesellschaft, die irgendwann von den Verfehlungen ihrer Vergangenheit eingeholt wird, manchmal eben auf grausame Weise. In seinem Detailreichtum, seinen Performances und seiner Kinematografie gehört „Tunnel der lebenden Leichen“ jenseits allen filmintellektuellen Brimboriums jedoch schlicht zu den besten britischen Horrorfilmen aller Zeiten.