Komm’ zurück, Jimmy Dean (1982)
Filmtipp
Atmosphäre
:Kurzbesprechung:
Robert Altman ist mit seiner Kamera, die Räume und die Menschen darin ausgiebig mit Zooms beobachtet, der große Voyeur des US-amerikanischen Kinos – in „Komm’ zurück, Jimmy Dean“ gleich in doppelter Hinsicht: Zum einen schaut er – und mit ihm natürlich das Publikum – einer Gruppe von James-Dean-Jüngern bei ihrer zwanzigsten Wiedersehensfeier zu; zum anderen betrachtet er ihren langsamen Seelenstriptease, bei dem die Frauen im Furor des Moments ihre belastendsten Geheimnisse preisgeben und sich gegenseitig in einer kollektiven Katharsis sezieren und erschüttern. Der ganze Film spielt in einem texanischen Kleinstadtladen mit Bar – ein Ur-Discounter –, den die Kamera nie verlässt, zu unterschiedlichen Zeiten, in die nahtlos mittels eines genialen Set- und Beleuchtungsarrangements gewechselt wird. Im Zentrum stehen eine Handvoll Frauen und ein Transsexueller, der in der texanischen Kleinstadt als Perverser diskriminiert und schließlich zusammengeschlagen wurde; im James-Dean-Jahr 1955 kommen sie im „5 & Dime“ zusammen, um den Hollywoodstar zu verehren, zwanzig Jahre später versammeln sie sich zu einer Reunion, in der sich die zerstörerische, vielleicht auch heilsame Macht der Vergangenheit offenbart. Wie als Parabel der gegenüber den Fünfzigern vielschichtig liberaler gewordenen Gesellschaft der Siebziger werden hier unterdrückte Wahrheiten ausgesprochen.
„Komm’ zurück, Jimmy Dean“ ist – dank einer von Altmans größten Stärken – exzellent besetzt, u.a. mit Cher, Sandy Dennis und Kathy Bates. In diesem Kammerspiel ist es neben der stimmungsträchtigen Ladenkulisse mit einer Ecke voller James-Dean-Devotionalien natürlich das Figurenensemble, das den Film ausmacht. Da ist Mona, die einst als Komparsin beim „Giant“-Dreh in der Nähe ein bisschen Hollywoodluft schnuppern durfte, von den Set-Überbleibseln morbide Reata-Relikte sammelt und ihre ganze Identität darauf gründet, ein Kind mit James Dean zu haben; da ist Sissy, die ihren sozialen Status allein auf ihren üppigen Brüsten gegründet sieht; Juanita, die strenggläubige Inhaberin des Geschäfts, die ihren verstorbenen Mann im Himmel wähnt; oder Stella Mae, die mit ihrer aufgeregten Kleidung und ihrem Dauerlächeln allen ihre vermeintliche Glückseligkeit unter die Nase reiben will; und wer jemals gehört oder behauptet hat, Karen Black sei keine gute Schauspielerin, sollte sie hier als Joanne mit ihren Schmerz-, Verzweifelungs- und Erlösungsgrimassen sehen.