The Lonely Passion of Judith Hearne (1987)

Filmtipp

Atmosphäre des Films:

Kurzbesprechung:

Sie ist ein Fake, diese Judith Hearne, die mit ihren großbürgerlichen Floskeln und Manieren einen Schein wahrt, unter dem sich ein gescheiterter Mensch verbirgt, den langsam die Einsamkeit zu absorbieren scheint. Die Juwelen an ihrer Hand sind mehr Relikte einer verheißungsvollen Vergangenheit als Nichte einer reichen Tante denn Symbole der Gegenwart, schon gar keine Versprechen auf die Zukunft. Sie hält sich als Klavierlehrerin in Dublin über Wasser, aber ihre gelegentlichen Whiskyeskapaden diskreditieren sie bei den Eltern der kleinen Kinder, die sie unterrichtet. Maggie Smith liefert mit ihrer Begabung für tragische Leinwandexistenzen in „The Lonely Passion of Judith Hearne“ eine ihrer größten Performances ab, als eine Frau, die große Teile ihres Lebens vergeudet hat: an eine tyrannische Tante (ebenfalls stark: Wendy Hiller), an die Dogmen der katholischen Kirche, an wertlose Gepflogenheiten. Ihr innerer Zorn offenbart sich erst im hässlichen Moment des Kontrollverlusts, wenn ihr der Alkohol, von dem sie sich doch bloß nur ein Schlückchen genehmigen wollte, Tiraden und Gehässigkeiten entlockt.

In einem der Boarding-Houses, durch die Judith Hearne nomadisiert, herrscht eine bedrückende Charles-Dickens-Atmosphäre – die Landlady, die mit ungemein präzisen Anspielungen schwache Gemüter provoziert und demütigt, und ihr dicklicher Sohn, der wie ein Putte aus der Hölle daherkommt, sich aber als künftiger Poet sieht, der noch einige Jahre an seinem Epos zu schreiben hat. „The Lonely Passion of Judith Hearne“ ist einer der großen Schauspielfilme, bei dem die potenziell interessante Umgebung – Dublin in den Fünfzigern – völlig vor den Performances verblasst; und er ist eine bittere Studie über Einsamkeit, Sehnsüchte und Scheitern.