Pickup on South Street (1953)

Filmtipp

Atmosphäre des Films:

Sehenswert: Die Indifferenz eines Taschendiebs offenbart die patriotische Hysterie des Kalten Krieges

Kurzbesprechung:

Wie sie im dicht gedrängten U-Bahnwaggon den Mann mit der Zeitung, der ihr gegenübersteht (und gerade heimlich seine Diebesfinger durch ihre Handtasche wandern lässt), anstarrt und dabei ihren Mund gerade so weit öffnet, dass es lüstern und für die Zeit – die frühen Fünfziger – geradezu unerhört erotisch ist, das mag vielleicht das größte, aber nicht das einzige Schauspielhighlight von Jean Peters in diesem Film sein. Ihre Candy degradiert den vermeintlich harten Taschendieb zu ihrem Lustobjekt; sie wird genauso verprügelt wie die Männer; und ihr ist das coole Schlusswort des ganzen Films vorbehalten: „You wanna bet?!

Pickup on South Street“ beginnt mit einem Diebstahl und mündet abrupt in eine Spionageaffäre des Kalten Krieges. Der Spion Klaus Fuchs, ein deutscher Physiker, der im Manhattan Project gearbeitet und westliche Geheimnisse an die UdSSR geliefert hatte, war damals gerade in aller Munde. Ganz typisch für Samuel Fuller, den Mastermind hinter „Pickup on South Street“, wirkte der Film kontrovers, aber auf eine paradoxe Weise: Von Kommunisten wurde er als anti-kommunistisch, von Anti-Kommunisten als kommunistisch gescholten.

Den urbanen Hintergrund bildet ein seltsam kaltes, anonymes New York; mit seinem Interesse an den Nischen der Gesellschaft blickt Fuller hier auf Randexistenzen wie Thelma Ritters ziemlich imposant gespielte Moe Williams, die mit ungeheurer Jargon- und Slangkompetenz den Cops ihre Untergrundinformationen (und schlecht sitzende Krawatten) vertickt. Und Richard Widmark trumpft mit einer kriminellen Energie auf, die stark an seinen Con man aus Night and the City“ (1950) erinnert, garniert mit einem Lächeln ob der eigenen Raffinesse.

Widmark ist ohnehin der Clou des Films: In einer Zeit, in der sich die Antikommunistenhysterie in den USA Bahn brach und zum repressiven McCarthyismus steigerte, da setzte Samuel Fuller einen professionellen Kleinkriminellen auf die Leinwand, dem der ganze Kalte Krieg einfach gleichgültig war – und niemand vermochte diesen Outsider besser zu verkörpern als Richard Widmark mit seinem arroganten Grinsen.

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