Nightbirds (1970)

Filmtipp

Atmosphäre des Films:

Kurzbesprechung:

Als Auftakt einer Reihe von Horrorfilmen, die er für den Betreiber eines Londoner Sexploitation-Kinos drehen sollte, schuf der New Yorker Filmemacher Andy Milligan – ein herrischer Exzentriker – diese Horrorversion der Swinging Sixties, eine Fratze jener permissive society, die am Ende einer weitreichenden Modernisierung von Moral und Gesetz im britischen Köngreich stand. Seinen im Schauspiel ganz und gar unerfahrenen Hauptdarsteller rekrutierte Milligan quasi aus dem Kinokassenhäuschen; Drehbuch, Kamera und Schnitt übernahm allesamt er selbst – eine radikale Variante des Auteur-Kinos und umso tragischer, dass der Film wegen Streitereien gar nicht erst auf die Londoner Leinwände kam.

Nightbirds“ beginnt auf der Straße, aber mündet gleich darauf in ein irres Kammerspiel: Apathisch schleppt sich Dink an einer Ziegelmauer entlang, als ihm Dee hilft und mit zu sich in ihr schäbiges Dachzimmer nimmt. Eingerichtet im „Early East End“-Stil, mit kargen Holzkisten als Mobiliar, hausen sie dort mit ein paar Pfund, die Dee mit dürften Versprechen auf amouröse Besuche von ihrem Vermieter schnorrt. Hinter den Liebesbekundungen und dem Oralsex verbirgt sich jedoch etwas anderes, als dieser freizügige Hedonismus zweier East-End-Hippies vermuten lässt.

Das Schwarz-Weiß, die Handkamera und die unendlich triste Location machen „Nightbirds“ von der ersten Sekunde an zu einem außergewöhnlichen Filmerlebnis, das in seiner rauhen, ungeschliffenen Inszenierung einen ungeheuerlichen Kontrast zu manch anderer Blüte des britischen Kinos jener Zeit bildet – ein Film, der trotz seiner Low-budget-Mittel so ungemein lebendig ist. Der Sozialhorror, den Milligan hier entfaltet, ist schonungslos: die alternative, ganz und gar orientierungslose Lebensweise einer aus allen normativen Zwängen befreiten Jugend kannibalisiert sich selbst und führt unmittelbar ins Verderben.