Girl With Green Eyes (1964)
Filmtipp
Atmosphäre
:Kurzbesprechung:
Als die aufgebrachten Iren in das Cottage von Eugene Gaillard stürmen, weil der – obwohl formal noch verheiratet, eine Beziehung mit der Tochter eines der Dorfbewohner hat, könnte der Kontrast zwischen den kruden Kerlen mit ihrer Lynchmobemphase und dem distinguierten Habitus des Schriftstellers mit seinen Bücherwänden, seinen Boheme-Freunden und seiner kleinen Persiflage der Nouvelle Vague-Intellektuellen größer nicht sein. Und selbst mit einer Scheidung käme Gaillard nicht davon – denn die wäre für die Katholiken schlimmer als Mord. „Girl With Green Eyes“ erzählt von einer Romanze, wie sie für die britische Gesellschaft der frühen Sechziger in der Tat noch skandalöser Natur war: zwischen der gerade dem Schülerinnenalter entwachsenen Kate Brady und dem nahezu doppelt so alten Eugene Gaillard, dessen Frau und Tochter in den USA leben.
Rita Tushingham spielt die junge Frau, die – feministisch progressiv – stets diejenige ist, bei der die amouröse Initiative liegt: Sie lädt Gaillard ins Café ein, beginnt den Flirt und später bestimmt sie den Zeitpunkt ihrer ersten gemeinsamen Nacht im selben Bett. Die Woodfall-Produktion, quasi direkt aus der Herzkammer der British New Wave, erzählt – wie bereits in Tushinghams Debüt „A Taste of Honey“ (1961) – von der ersten Liebe einer jungen Frau und davon, wie in der britischen Gesellschaft allmählich der Moralbeton bröckelt. Als Kate Bradys Freundin und Zimmergenossin ist Lynn Redgrave in ihrer ersten größeren Rolle zu sehen, zwei Jahre, bevor sie dann mit „Georgy Girl“ (1966) berühmt wurde. Als urbane Kulisse fungiert das Dublin der frühen Sechziger. Und am Ende steht, wie kurz darauf in „Billy Liar“ (1963), London als vage Hoffnung auf ein neues Leben, als Fixpunkt der Swinging Sixties.