Nackt (1993)

Filmtipp

Atmosphäre des Films:

Sehenswert: Das deprimierte London nach der Thatcher-Ära

Kurzbesprechung:

Johnny kommt aus Manchester in die „big shitty“ London, in die WG seiner Ex-Freundin Louise – das ist mehr Heimsuchung denn Besuch. „Nackt“ ist eine schauspielerische Tour de Force, strapaziös, extrem, preisgekrönt – zu Recht.

David Thewlis liefert eine junge, stürmische Performance, ähnlich wie einst John Hurt in Little Malcolm and His Struggle Against the Eunuchs“ (1974) zwanzig Jahre zuvor. In Nebenrollen beeindrucken Katrin Cartlidge als verlebt-kaputte Sophie und Ewen Bremner (Spud aus Trainspotting). Der Stadtteil des Hauses, in das die Handlung immer wieder zurückkehrt, harrt seiner baldigen Gentrifizierung, an Johnnys Seite geht es in Londons desolate Nischen, die Großstadtanonymität hat mehr Bedrohliches als Befreiendes – Mike Leigh inszeniert zwei Stunden der pessimistischen Ausweglosigkeit. „Nackt“ wirkt wie eine depressive Metapher auf das seelisch verwundete Nach-Thatcher-England, das hier so gar nichts mit dem nur wenige Jahre in der Zukunft liegenden Cool Britannia gemein hat.