Der Gefangene (1955)

Filmtipp

Atmosphäre des Films:

Kurzbesprechung:

Vom Beginn bis zum Ende ist „Der Gefangene“ voll quälendem Pessimismus: Als mutmaßlicher Verräter landet ein Kardinal direkt aus der prunkvollen Messe in der kargen Gefängniszelle. In einem Schauprozess soll er als Symbol der Kirche als vermeintlich subversiver Institution verurteilt werden. Jack Hawkins spielt den namenlosen Experten, der seine Fähigkeiten in den Dienst einer Diktatur stellt, um einen Menschen kaputtzumachen, um dessen Unschuld er eigentlich weiß. Und Alec Guinness ist der geistliche Würdenträger, ein Volksheld, der einst der grausamen Gestapofolter trotzte und nun einem neuen Kampf gegenübersteht.

Während der Verhörmeister in stundenlangen Befragungen systematisch im Kopf des Kardinals nach psychologischen Sollbruchstellen sucht, schwinden die Widerstandskräfte des Häftlings und die disziplinierte Körperkontrolle weicht allmählich fahrigen Bewegungen und irren Blicken.

Über die politischen Hintergründe des Regimes, das dem Kardinal ein falsches Geständnis abpressen will, erfährt man wenig; aber die Atmosphäre auf den Straßen und in den Cafés, welche die wenigen Außenszenen vermitteln, ist durch und durch beklemmend gibt mit nur wenigen Bildern ein unbehagliches Gefühl vom Leben in einer Diktatur, deren Handlanger an jeder Straßenecke lauern. Noch weitaus bedrückender macht den Film die Tatsache, dass er auf einem realen Schicksal basiert: 1948 verhafteten die stalinistischen Vasallen in Ungarn den politisch unbequemen Kardinal und Primas Jozsef Mindszenty, an den Guinness’ Figur angelehnt ist – Mindszenty kam vor ein Volksgericht und unterzeichnete seine Geständnisse offenbar unter körperlichen und seelischen Torturen.

Die strapaziöse Zermürbung durch Einsamkeit und die stundenlange Befragungsroutine ergeben ein packendes Psychoduell zwischen zwei Menschen, die sich eigentlich nicht fremd sind. In Kammerspielen wie „Der Gefangene“ kommt die Schauspielkunst oft am besten zur Geltung – und was für große Schauspieler Alec Guinness und Jack Hawkins doch waren!