Zähl bis drei und bete (1957)
Filmtipp
Atmosphäre
:Sehenswert: Einer der kinematografisch schönsten Western aller Zeiten
Kurzbesprechung:
Mit seiner an der Grenze zum Expressionismus fotografierten Schwarz-Weiß-Optik und den ausführlichen, klaustrophobisch arrangierten Close-ups ist „Zähl bis drei und bete“ einer der kinematografisch schönsten – und zugleich besten – Western aller Zeiten. Er verfügt über sämtliche Ingredienzen, die für Hollywoodwestern typisch und unverzichtbar sind: ein moralisch einwandfreier Protagonist, ein mörderischer Bandit als dessen Kontrahent, Postkutsche und Westernkleinstadt, Saloon und Sheriff, die Weite der Prärie und bleihaltige Schusswechsel. Doch vermischt „Zähl bis drei und bete“ all diese Zutaten auf ganz und gar unkonventionelle Weise zu einer fantastischen Mixtur, die diesen Film zu einem Western sui generis macht.
Der Held: simpel und unsicher, am Rande der Verzweiflung; der Kriminelle: überraschend und intelligent; die in Filmen sonst so laute, emsige Westernstadt: still und wie leergefegt; die Westernweite: erdrückend einsam. Hinzu kommt die Stille, die – für das damalige Orchesterklangkino ganz und gar untypisch – bloß sporadisch von elegischen Songs durchbrochen wird. Glenn Ford ist diesmal der Schurke Ben Wade, der notfalls ohne zu zögern auch ein Bandenmitglied umlegt, wenn es die Situation erfordert, und nach dem erfolgreichen Raubüberfall an einer Postkutsche ein paar Drinks verdrückt, ehe er sich mit der schönen Barkeeperin vergnügt; aber er beneidet andere um ihre Familie. Und Van Heflin spielt den unscheinbaren Rancher und Familienvater Dan Evans, der den zwischenzeitlich festgenommenen Wade in den Zug nach Yuma setzen soll, derweil dessen Bandenkompagnons schon mit ihren Revolvern bereitstehen – ein Himmelfahrtskommando, auf das sich Evans aus purer Verzweiflung einlässt, weil er das lukrative Honorar braucht und seinen beiden Jungs im hartgesottenen Normengefüge der Frontier-Moral nicht als Feigling gelten will. Großartig ist die kammerspielerische Konfrontation zwischen Evans und Wade, der messerscharf und mit teuflischer Gelassenheit die neuralgischen Punkte seines Bewachers drangsaliert. In einer der stärksten Szenen des Films lotet der in Handschellen auf ein Hotelbett gezwungene Outlaw die Grenzen der Korrumpierbarkeit eines Unbestechlichen aus, dessen erdrückende Alltagsprobleme sich mit einem Mal mit dem angebotenen Banditengeld in Luft auflösen könnten. Eindrucksvoller ist indes die Ehe(-Krise) der Wades, die der heimliche Story-Nukleus ist.