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Shortcuts: Prägnante Film-Reviews in wenigen Sätzen.

Szene aus ‚Steiner – Das Eiserne Kreuz (1977)‘, Bildquelle: Steiner – Das Eiserne Kreuz (1977), Rapid Film, Terra Filmkunst, Studiocanal Films

Steiner – Das Eiserne Kreuz (1977)

Stimmungen: brutal, kameradschaftlich, kriegerisch, martialisch, militärisch, soldatisch

Mit Steiner – Das Eiserne Kreuz schuf Sam Peckinpah einen der realistischsten Einblicke in den Kriegsalltag an der Ostfront des Zweiten Weltkrieges.

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Steiner – Das Eiserne Kreuz (1977)

Die Ostfront im Spätsommer 1943, Taman-Halbinsel, östlich der Krim: Unter dem Befehl von Oberfeldwebel Rolf Steiner, einem hochdekorierten Frontschwein, ist ein Zug von kampferprobten Infanteristen am Rande des Kaukasus mit dem eigenen Überleben beschäftigt. Der neue Kommandant, Hauptmann Stransky, indes ist nur gekommen, um mit sich mit dem Eisernen Kreuz auszeichnen zu lassen – so, wie es ihm die oberschichtige Militärtradition seiner Familie gebietet.

Mit der Detailversessenheit und dem Wirklichkeitsehrgeiz, die auch schon seine teils revolutionären Western ausmachten, erreicht Regisseur „Bloody“ Sam Peckinpah in „Steiner – Das Eiserne Kreuz“ einen beklemmenden Realismus-Grad, wie ihn die Kinoleinwand davor und danach vielleicht nie wieder erlebt hat. Die bräunlich-karge Farbgebung, durchbrochen nur von der Wärme infernalischer Explosionen, die staubbedeckten Uniformen und die abgekämpften Landser-Visagen vermengen sich zu einer kinematografischen Textur des Krieges.

Weitere Peckinpah-Filme entdecken: unsere Retrospektive.

Genre: Anti-Kriegsfilm
Länge: 133 Min.
Regie: Sam Peckinpah
Cast: u.a. James Coburn, Maximilian Schell, Klaus Löwitsch, Vadim Glowna, Roger Fritz, Fred Stillkrauth, Dieter Schidor, James Mason, David Warner, Senta Berger, Burkhard Driest, Igor Galo, Michael Nowka, Arthur Brauss
alt. Titel: Cross of Iron
Text verfasst von: Robert Lorenz
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Szene aus ‚The Pleasure Girls (1965)‘, Bildquelle: The Pleasure Girls (1965), Compton-Tekli Film

The Pleasure Girls (1965)

Stimmungen: amourös, britisch, englisch, großstädtisch, hedonistisch, metropolitan, urban

The Pleasure Girls ist eine zeitgenössische Exkursion in die permissive society des Swinging London inmitten der freizügigen Sechziger.

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The Pleasure Girls (1965)

Ein Wochenende im Chelsea der Sechziger: „The Pleasure Girls“ verströmt von der ersten Sekunde an das Lebensgefühl, das man gemeinhin mit der permissive society der Swinging Sixties verbindet – mit gelockerten Moralvorstellungen, mit Sex und Partys.

Im Zentrum der Handlung steht eine Frauen-WG im viktorianisch angehauchten Stadtteil Kensington, und gezeigt werden im Film vor allem junge Menschen, die damals in die Metropole London strömen, um sich mit einem unbeschwerten Lebensstil von ihrem Elternhaus loszulösen und das Leben auszukosten. „The Pleasure Girls“ ist quasi die Fortsetzung all jener Filme der frühen Sechziger, in denen die jungen Menschen an der britischen Peripherie aufbrechen, um ihr Glück im fernen London zu suchen, etwa wie in „Girl With Green Eyes“ (1964) oder „Billy Liar“ (1963).

Das bemerkenswert altmodische Sozialverhalten der jungen Frauen entspricht indes alles andere als dem Swinging London-Klischee: Sally zögert ihr erstes Mal hinaus, ehe sie sich der Liebe ihres Partners sicher ist; Marion verweigert sich der Abtreibung und will das Kind behalten; und Dee würde gerne ihren älteren Freund heiraten und mit ihm zusammenziehen. In einer Nebenrolle spielt Klaus Kinski einen lebemännischen Gangster – und er tut das bereits mit dem Kinski-Gestus, der in jedem Blick, in jeder Lippenbewegung etwas ganz und gar Unberechenbares andeutet.

Genre: Drama
Länge: 87 Min.
Regie: Gerry O’Hara
Cast: u.a. Francesca Annis, Anneke Wills, Suzanna Leigh, Ian McShane, Mark Eden, Klaus Kinski, Tony Tanner, Rosemary Nicols, Colleen Fitzpatrick, Jonathan Hansen, Peter Diamond, Tony Doonan, Julian Holloway, Carol Cleveland, Hugh Futcher, David Cargill, David Graham, Hal Hamilton
alt. Titel: Die Goldpuppen
Text verfasst von: Robert Lorenz
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Szene aus ‚Alice (1990)‘, Bildquelle: Alice (1990), Orion Pictures

Alice (1990)

Stimmungen: amourös, großstädtisch, luxuriös, metropolitan, urban

Alice ist die romantische Fantasy-Komödie im Œuvre des Woody Allen.

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Alice (1990)

Bevor sie sich in einem Trennungskrieg aufrieben, drehten Mia Farrow und Woody Allen ein Dutzend teils buchstäblich märchenhafter Filme, zu denen auch „Alice“ gehört. Farrow ist die Titelheldin Alice Tate, Mutter zweier Schulkinder und Ehefrau des Yuppie-Managers Doug (in seiner ganz und gar unsympathischen Aura ziemlich gut von William Hurt zum Leinwandleben erweckt).

Durch immer mehr implizite und explizite Hinweise beschleicht sie der Verdacht, sich in den 15 Ehejahren allzu sehr von ihrer eigentlichen Persönlichkeit entfernt, sich selbst in all ihrem sinnentleerten Shopping- und Wellnessluxus fremd geworden zu sein.

Und weil die New Yorker Upperclass offenbar auf Alternativmedizin schwört, empfehlen ihre Freundinnen Alice den asiatischen Naturheilkundler Dr. Yang, der sie in seiner Praxis, durch die auch mal Opiumschwaden ziehen, mit allerlei geheimnisvollen Kräutern eindeckt – sie begegnet dem Geist eines Ex-Lovers, wird unsichtbar oder überkommt ihre Schüchternheit und bringt mit einem unerhört erotischen Flirt Joe Mantegna als Jazzmusiker ins Schwitzen.

Genre: Romantische Fantasy-Komödie
Länge: 106 Min.
Regie: Woody Allen
Cast: u.a. Mia Farrow, Joe Mantegna, Keye Luke, William Hurt, Robin Bartlett, Alec Baldwin, Blythe Danner, Cybill Shepherd, Marceline Hugot, Bernadette Peters, Gwen Verdon, Caroline Aaron, June Squibb, Julie Kavner, Bob Balaban, David Spielberg, Elle Macpherson
Text verfasst von: Robert Lorenz
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Szene aus ‚Scandal Sheet (1952)‘, Bildquelle: Scandal Sheet (1952), Columbia Pictures

Scandal Sheet (1952)

Stimmungen: großstädtisch, investigativ, urban

Scandal Sheet blickt in die kleinen Abgründe, die sich im großen Erfolg auftun.

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Scandal Sheet (1952)

Ein Film der Gesichter: Broderick Crawfords Mimik voll mörderischer Entschlossenheit zur Karriere; John Dereks gieriger Blick des rücksichtslosen Spektakeljournalismus; oder Donna Reeds Miene des lauernden Moralismus in einem unmoralischen Milieu. In „Scandal Sheet“ treibt Mark Chapman die Auflage des New York Express in ungeahnte Höhen, aber das Blatt verkommt dafür zur reißerischen Boulevardgazette – ein mörderisches Geheimnis beginnt, die Karriere des erfolgsverwöhnten Chapman zu bedrohen.

Gleich von der ersten Szene an, in der die Journalisten sich am Tatort noch vor Eintreffen der Polizei die Aussage einer Zeugin erschwindeln, zeigt die großstädtische Kriminalreportage als erbarmungslosen Vorgang. Die New Yorker Reporter von „Scandal Sheet“ operieren jedenfalls mit unerbittlichen Methoden, um mit delikaten Bildern und selbst der Polizei unbekannten Informationen die Auflagen ihrer Zeitungen zu pushen – in der Redaktion misst eine riesige Ziffernanzeige tagesaktuell die verkauften Exemplare.

Sam Fuller, auf dessen Roman „Dark Page“ der Film basiert, kannte Park-Row-Milieu der großen Redaktionen in Manhattan aus eigener Erfahrung. Schon als Zeitungsjunge war er auf den Straßen von Manhattan unterwegs gewesen, hatte anschließend als Copyboy in Randolph Hearsts New York Journal gearbeitet, um schließlich noch im Teenageralter als freier Journalist zu schreiben. Was das Studio aber aus seinem Stoff machte, gefiel Fuller ganz und gar nicht – „Scandal Sheet“ war dem Regisseur eine Lektion, seine Storys, wenn möglich, nur noch selbst zu verfilmen.

Die ursprünglich geplante Variante mit Howard Hawks auf dem Regiestuhl, Humphrey Bogart als Kriminalreporter und Edward G. Robinson als Chefredakteur gehört sicherlich zu den interessanteren Filmen, die nie gedreht worden sind. Nichtsdestotrotz ist der Thriller auch so eine kleine Perle des Columbia-Outputs der 1950er Jahre: ein Stück über die Bedrohlichkeit ungezügelter Ambition und die Verlockungen schier grenzenlosen Erfolgs.

Genre: Thriller
Länge: 82 Min.
Regie: Phil Karlson
Cast: u.a. Broderick Crawford, Donna Reed, John Derek, Henry O’Neill, Rosemary DeCamp, Harry Morgan, James Millican, Griff Barnett, Katherine Warren, Pierre Watkin, Jonathan Hale, Jay Adler
alt. Titel: Skandalblatt
Text verfasst von: Robert Lorenz
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Szene aus ‚Paris Blues (1961)‘, Bildquelle: Paris Blues (1961), Pennebaker Prod., Jason, Monica Corp., Monmouth

Paris Blues (1961)

Stimmungen: amourös, musikalisch, urban

Paris Blues taucht ein in das Jazzclub-Nachtleben im Paris der frühen Sechziger – Hollywood-Starbesetzung mit dem Flair des Alten Kontinents.

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Paris Blues (1961)

Mit einem einzigen Trompetenstoß im Beisein von Sidney Poitier und Paul Newman, zwei der leinwandpräsentesten Menschen der Sechziger, die Szene zu stehlen, das vermag vielleicht nur Louis Armstrong. Als er in den überfüllten Pariser Jazzkeller einzieht, wie ein General eskortiert – in diesem Fall – von erlauchten Blasinstrumentalisten und dann in einem spontanen Cutting contest mit seinem Spiel alle Anwesenden in Ekstase versetzt.

Poitier spielt Eddie Cook, einen schwarzen Saxofonisten, der sich in Paris weniger diskriminiert fühlt als in seiner Heimat, den USA; Newman ist Ram Bowen, ein ambitionierter Posaunist, der sich mit eigenen Kompositionen hervortun will. Gemeinsam spielen sie auf der Bühne eines Nachtclubs für die Pariser Beatniks und Existentialisten, bis sich ihnen in Gestalt zweier US-Touristinnen die Chance auf eine neue, andere Zukunft eröffnet.

Genre: Drama
Länge: 99 Min.
Regie: Martin Ritt
Cast: u.a. Paul Newman, Sidney Poitier, Joanne Woodward, Diahann Carroll, Marie Versini, Serge Reggiani, Louis Armstrong, André Luguet, Barbara Laage, Moustache, Aaron Bridgers, Guy Pedersen, Hélène Dieudonné
Text verfasst von: Robert Lorenz
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Szene aus ‚Osterspaziergang (1948)‘, Bildquelle: Osterspaziergang (1948), Loew’s Inc., MGM, Turner Entertainment

Osterspaziergang (1948)

Stimmungen: fulminant, musikalisch, romantisch, tänzerisch

Osterspaziergang ist ein klassisches MGM-Musical, das die beiden Superstars Judy Garland und Fred Astaire gemeinsam auf der Leinwand tanzen lässt.

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Osterspaziergang (1948)

Ein Film für Musical-Liebhaber: Den größten Tänzer mit der größten Sängerin zu kombinieren, so lautet die Formel dieses Films, dessen deutsche Titelversion „Osterspaziergang“ sich nach einem Fünfzigerjahre-Heimatfilm anhört. Wobei sich Fred Astaire ja eigentlich diesen Status mit Gene Kelly teilt. Da Kelly sich aber kurz vor Produktionsbeginn den Knöchel verknackste, sprang für ihn der legendäre Astaire ein.

Osterspaziergang“ sollte eigentlich Judy Garlands Karriere vorantreiben, doch schnitten die MGM-Leute ihre große Solo-Nummer „Mr. Monotony kurz vor Kinostart aus dem Film; in der Performance trägt Garland Fedora, Anzugjacke und einen Minirock, der ihre langen, schmalen Beine präsentiert – das war den MGMlern offenbar zu heftig für das brave Garland-Image. Und so ist „Osterspaziergang“ denn auch mehr ein Astaire-Vehikel – der Routinier tanzt und singt sich ungemein virtuos durch die Szenen.

Natürlich ist in so einem Film die Story bloß Nebensache: Im New York des Jahres 1912 wird der Vaudeville-Held Don Hewes von seiner Showpartnerin Nadine Hale einfach für ein lukrativeres Engagement sitzen gelassen. An der Bar behauptet er kühn, jede x-beliebige Tänzerin zum Broadwaystar machen zu können – und erwählt die gerade im Hintergrund auftretende Hannah Brown (Garland). Gemeinsam avancieren sie zum gefeierten Duo – und bieten dem Filmpublikum einige ziemlich flotte Tanzeinlagen (wenngleich die vielleicht rasanteste des Films der Soloauftritt von Ann Miller ist).

Genre: Romantisches Musical
Länge: 104 Min.
Regie: Charles Walters
Cast: u.a. Judy Garland, Fred Astaire, Ann Miller, Peter Lawford, Jules Munshin, Clinton Sundberg, Peter Chong, Jimmy Bates
alt. Titel: Easter Parade
Text verfasst von: Robert Lorenz
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Szene aus ‚Weites Land (1958)‘, Bildquelle: Weites Land (1958), Gregory Peck and the Estate of William Wyler, MGM

Weites Land (1958)

Stimmungen: aggressiv, staubig, warm

Weites Land ist einer der prägenden Westernklassiker Hollywood’scher Provenienz.

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Weites Land (1958)

Der Ostküsten-Edelmann James McKay reist 2.000 Meilen in den Westen, um eine Frau zu heiraten; doch weil er sich der chauvinistischen Macho-Kultur mit ihren kruden Männlichkeitsritualen verweigert, gilt er bald als Weichei und Feigling. Obendrein wird er hineingerissen in eine erbitterte Fehde zweier Clans um eine Wasserstelle für deren Rinderherden.

Weites Land“ zählt zu den großen Westernklassikern. In einer Nebenrolle spielt Charlton Heston McKays Widersacher Steve Leech – im Morgengrauen liefern sie sich einen epischen, minutenlangen Faustkampf.

Mehr Western entdecken: unsere Auswahl einiger der besten Western aller Zeiten.

Genre: Western-Drama
Länge: 145 Min.
Regie: William Wyler
Cast: u.a. Gregory Peck, Jean Simmons, Carroll Baker, Charlton Heston, Chuck Connors, Charles Bickford, Burl Ives, Alfonso Bedoya
alt. Titel: The Big Country
Text verfasst von: Robert Lorenz
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Szene aus ‚Nothing But the Best (1964)‘, Bildquelle: Nothing But the Best (1964), Domino Prod., Studiocanal

Nothing But the Best (1964)

Stimmungen: amourös, britisch, elitär, englisch, snobistisch

Nothing But the Best ist eine High-Society-Satire im Flair der heraufziehenden Swinging Sixties.

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Nothing But the Best (1964)

Jimmy Brewster ist der Spross einer einfachen englischen Arbeiterfamilie, so voller Ehrgeiz, dass er sich in grenzenloser Skrupellosigkeit und dabei völlig kompromisslos seinen Weg in die Upperclass erschleicht, indem er sich von einem gefallenen Mitglied der Oberschicht in deren hochnäsigem Habitus und arroganten Ritualen unterweisen lässt.

Denholm Elliott ist als Mentor, der noch im Suff eine unerschütterliche Stilsicherheit beweist und souverän mit den Floskeln für den oberflächlichen Umgang unter den Privilegierten jongliert, das heimliche Highlight dieses Films. Mit Zigarren, Salons und Sportwagen werden hier die Insignien der High Society im progressiven Klima der Swinging Sixties präsentiert – und die Botschaft dieser durch und durch englischen Gesellschaftssatire ist in bitterem Zynismus verfasst: je dreister, desto erfolgreicher.

Genre: Satiredrama
Länge: 96 Min.
Regie: Clive Donner
Cast: u.a. Alan Bates, Denholm Elliott, Pauline Delaney, Millicent Martin, Harry Andrews, Alison Leggatt, Paul Curran, Godfrey Quigley, Lucinda Curtis, Nigel Stock, James Villiers, Drewe Henley, Avice Landone, Ernest Clark, William Rushton, Peter Madden, Robert Bruce, Anneke Wills, Alan Rothwell, Angus MacKay, Howard Lang, Donald Pickering
alt. Titel: Das Beste ist grad’ gut genug
Text verfasst von: Robert Lorenz
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Szene aus ‚Der Pfandleiher (1964)‘, Bildquelle: Der Pfandleiher (1964), The Pawnbroker Co., Melange Pictures

Der Pfandleiher (1964)

Stimmungen: düster, finster, großstädtisch, klaustrophobisch, pessimistisch, traumatisch, urban

In THE PAWNBROKER verdüstert sich die Welt eines Menschen, der Gefangener seiner Vergangenheit ist.

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Der Pfandleiher (1964)

Am Ende war die Angst unbegründet: Statt einer seiner furios-überlebensgroßen Performances lieferte der New Yorker Method Actor Rod Steiger ein geradezu verstörend zurückhaltendes Porträt des Pfandleihers und Holocaustüberlebenden Sol Nazerman ab. Regisseur Sidney Lumet, der Steiger fast den ganzen Film über hinter Schattengittern, als Gefangenen zeigt, war zufrieden.

Nazerman begegnet seinen Kunden als wort- und gefühlskarger Desillusionierer, der für die ihm überlassenen Gegenstände, meist Ramsch, stets nur einen Bruchteil der erhofften Beträge auszahlt. Nazermans Laden ist ein Umtauschplatz des Schicksals, er selbst ein Heimgesuchter seiner grauenvollen Vergangenheit, von der kaum jemand etwas ahnt und die Lumet – Meister der Räume – in düsteren Flashbacks verdichtet, die sich mit raffiniert-traumatischen Einzelframes ankündigen.

Die besten New-York-Filme – eine kuratierte Auswahl

Genre: Drama
Länge: 116 Min.
Regie: Sidney Lumet
Cast: u.a. Rod Steiger, Jaime Sánchez, Brock Peters, Geraldine Fitzgerald, Thelma Oliver, Marketa Kimbrell, Raymond St. Jacques, Juano Hernandez, Baruch Lumet, Linda Geiser
alt. Titel: The Pawnbroker
Text verfasst von: Robert Lorenz
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Szene aus ‚An einem Tag wie jeder andere (1955)‘, Bildquelle: An einem Tag wie jeder andere (1955), Paramount Pictures

An einem Tag wie jeder andere (1955)

Stimmungen: familiär, klaustrophobisch, spannend, suburban

An einem Tag wie jeder andere ist ein intensiver Home-Invasion-Thriller, in dem das Haus einer Familie zu ihrem Gefängnis wird.

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An einem Tag wie jeder andere (1955)

Dass Humphrey Bogart – der unerschütterliche Noir-(Anti-)Held so vieler Filme – völlig jenseits seiner sonst so überlegenen Coolness in „An einem Tag wie jeder andere“ einen abgehalfterten Knastausbrecher spielt, ist nur ein weiterer Beweis für „Bogies“ ungemein breites Schauspielspektrum.

Mit fast schon sadistischer Bosheit drangsaliert der flüchtige Kriminelle Glenn Griffin die Vorstadtfamilienidylle der Hilliards, in deren Haus er sich mit seinen beiden Komplizen eingeschlichen hat und das er zu ihrem Gefängnis macht.

Mit seinem Home invasion-Thriller beweist sich William Wyler neben Dramen à la The Best Years of Our Lives“ (1946), The Heiress“ (1949) oder The Children’s Hour“ (1961) einmal mehr als kinematografischer Experte für die hinter all der materiellen Akkuratesse verborgene Verletzlichkeit US-amerikanischer Bürgerlichkeit.

Michael Cimino drehte 1990 ein Remake mit Mickey Rourke in der Bogart-Rolle.

Genre: Thriller-Drama
Länge: 108 Min.
Regie: William Wyler
Cast: u.a. Humphrey Bogart, Fredric March, Martha Scott, Dewey Martin, Robert Middleton, Arthur Kennedy, Mary Murphy, Richard Eyer, Gig Young, Ray Teal, Whit Bissell
alt. Titel: The Desperate Hours
Text verfasst von: Robert Lorenz
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Szene aus ‚Der Tod ritt dienstags (1967)‘, Bildquelle: Der Tod ritt dienstags (1967), Fernsehjuwelen

Der Tod ritt dienstags (1967)

Stimmungen: gewaltsam, sonnig, staubig, warm

Der Tod ritt dienstags ist in seiner Story, seinem Stil, seiner ganzen Leinwandhaptik ein formvollendeter Italowestern.

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Der Tod ritt dienstags (1967)

Der Sohn einer Hure, der die Jauche der Stadtbewohner, die ihn allesamt verachten, in Holzbottichen durch die staubigen Straßen transportiert, um dann zum gefürchteten Revolver-Eleven eines gleichfalls gefürchteten Gunslinger zu avancieren: Das ist die eher belanglose Story, die durch diesen formvollendeten Italowestern – gedreht im Genre-Zenit – trägt.

Der Tod ritt dienstags“ verwöhnt uns mit dem charakteristischen Knall der Italowestern-Pistolen (mehr Explosion denn Schuss), mit Riz Ortolanis Score, mit fiesen Visagen und hinterlistigen Blicken – und der zynischen Botschaft, dass es noch skrupellosere Killer braucht, um die verdorbenen Eliten zu richten.

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Genre: Western
Länge: 114 Min.
Regie: Tonino Valerii
Cast: u.a. Giuliano Gemma, Lee Van Cleef, Walter Rilla, Lukas Ammann, Andrea Bosic, Ennio Balbo, José Calvo, Giorgio Gargiullo, Benito Stefanelli, Yvonne Sanson, Christa Linder, Karl-Otto Alberty, Nino Nini, Anna Orso
alt. Titel: I giorni dell’ira
Text verfasst von: Robert Lorenz
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Szene aus ‚Schweigegeld für Liebesbriefe (1949)‘, Bildquelle: Schweigegeld für Liebesbriefe (1949), Columbia Pictures

Schweigegeld für Liebesbriefe (1949)

Stimmungen: familiär, suburban

Schweigegeld für Liebesbriefe: expressionistisch angehauchte Unbehaglichkeit im bürgerlichen Milieu, inszeniert von Max Ophüls.

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Schweigegeld für Liebesbriefe (1949)

James Mason spielt den Mann, der eine Mutter mit Briefen der Tochter erpresst, die sie vor der gerade heillos ermittelnden Polizei leicht als Mörderin dastehen lassen könnten, mit einer schüchternen Kriminalität im Gesicht, die ihm zusehends unangenehm wird, während er sich unversehens in sein Opfer verliebt. Joan Bennett spielt diese Frau mit ebenbürtiger Gravität, in „Schweigeld für Liebesbriefe“ gelang dem Studiosystem jedenfalls eine formidable Leinwandpaarung.

Weihnachten steht vor der Tür, und im bürgerlichen Vorortleben von Balboa, in der suburbanen Peripherie von Los Angeles, wäre ein Skandal für die wohlgeformte Familie Harper die Katastrophe schlechthin – die Bildsprache mit den langen Kamerafahrten im Haus der Harpers oder den expressionistisch inspirierten Schattenspielen lassen den Weimarer Hintergrund des Regisseurs Max Ophüls spüren; und das Verbrechen kriecht hier wie eine Krankheit in die Poren eines moralisch intakten Milieus aufrichtiger Bürger:innen.

Genre: Drama
Länge: 82 Min.
Regie: Max Ophüls
Cast: u.a. Joan Bennett, James Mason, Geraldine Brooks, Henry O’Neill, David Bair, Shepperd Strudwick, Roy Roberts
alt. Titel: The Reckless Moment
Text verfasst von: Robert Lorenz
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Szene aus ‚Ran (1985)‘, Bildquelle: Ran (1985), Greenwich Film Prod., Herald Ace, Nippon Herald Films, Kadokawa, Studiocanal

Ran (1985)

Stimmungen: brutal, episch, gewaltsam, historisch, kriegerisch, martialisch, militärisch, mittelalterlich

Akira Kurosawas RAN ist ein episches Schauspiel der destruktiven Kraft grenzenlosen Machtstrebens.

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Ran (1985)

Eine Welt, die allein aus Militär, Macht und Misstrauen zu bestehen scheint: In „Ran“ blendet Akira Kurosawa im letzten Abschnitt seiner beeindruckenden Regiekarriere jegliches Zivilleben komplett aus und konzentriert sich auf die Shakespear’schen Ränkespiele eines zerrütteten Herrscherhauses im spätmittelalterlichen Japan.

Als der alte Kriegsherr Hidetora Ichimonji die Herrschaft an einen seiner Söhne abgibt, da ahnt er nicht, das genaue Gegenteil seiner Absicht, eine geregelten Machtübertragung zugunsten des Fortlebens seiner Dynastie, zu erreichen – stattdessen hat er die Saat für ein finsteres Schlachten gestreut, wie man es später nur noch aus Game of Thrones“ (2011–19) kennt.

Das Historienepos, das in hellstem Sonnenschein auf grünen Hügeln beginnt, verdüstert sich immer weiter, bis die einzogen Lichtquellen im Schlachtengetümmel das Mündungsfeuer der Büchsen oder die brennenden Prachtbauten sind.

Genre: Historienepos
Länge: 161 Min.
Regie: Akira Kurosawa
Cast: u.a. Tatsuya Nakadai, Pîtâ, Mieko Harada, Akira Terao, Jinpachi Nezu, Daisuke Ryû, Hisashi Igawa, Masayuki Yui, Yoshiko Miyazaki, Jun Tazaki, Mansai Nomura
Text verfasst von: Robert Lorenz
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Szene aus ‚Pickup on South Street (1953)‘, Bildquelle: Pickup on South Street (1953), Twentieth Century-Fox

Pickup on South Street (1953)

Stimmungen: düster, gewaltsam, großstädtisch, kleinkriminell, urban

Wie sie im dicht gedrängten U-Bahnwaggon den Mann mit der Zeitung, der ihr gegenübersteht (und gerade heimlich seine Diebesfinger durch ihre Handtasche wandern lässt), anstarrt […]

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Pickup on South Street (1953)

Wie sie im dicht gedrängten U-Bahnwaggon den Mann mit der Zeitung, der ihr gegenübersteht (und gerade heimlich seine Diebesfinger durch ihre Handtasche wandern lässt), anstarrt und dabei ihren Mund gerade so weit öffnet, dass es lüstern und für die Zeit – die frühen Fünfziger – geradezu unerhört erotisch ist, das mag vielleicht das größte, aber nicht das einzige Schauspielhighlight von Jean Peters in diesem Film sein. Ihre Candy degradiert den vermeintlich harten Taschendieb zu ihrem Lustobjekt; sie wird genauso verprügelt wie die Männer; und ihr ist das coole Schlusswort des ganzen Films vorbehalten: „You wanna bet?!

Pickup on South Street“ beginnt mit einem Diebstahl und mündet abrupt in eine Spionageaffäre des Kalten Krieges. Der Spion Klaus Fuchs, ein deutscher Physiker, der im Manhattan Project gearbeitet und westliche Geheimnisse an die UdSSR geliefert hatte, war damals gerade in aller Munde. Ganz typisch für Samuel Fuller, den Mastermind hinter „Pickup on South Street“, wirkte der Film kontrovers, aber auf eine paradoxe Weise: Von Kommunisten wurde er als anti-kommunistisch, von Anti-Kommunisten als kommunistisch gescholten.

Den urbanen Hintergrund bildet ein seltsam kaltes, anonymes New York; mit seinem Interesse an den Nischen der Gesellschaft blickt Fuller hier auf Randexistenzen wie Thelma Ritters ziemlich imposant gespielte Moe Williams, die mit ungeheurer Jargon- und Slangkompetenz den Cops ihre Untergrundinformationen (und schlecht sitzende Krawatten) vertickt. Und Richard Widmark trumpft mit einer kriminellen Energie auf, die stark an seinen Con man aus Night and the City“ (1950) erinnert, garniert mit einem Lächeln ob der eigenen Raffinesse.

Widmark ist ohnehin der Clou des Films: In einer Zeit, in der sich die Antikommunistenhysterie in den USA Bahn brach und zum repressiven McCarthyismus steigerte, da setzte Samuel Fuller einen professionellen Kleinkriminellen auf die Leinwand, dem der ganze Kalte Krieg einfach gleichgültig war – und niemand vermochte diesen Outsider besser zu verkörpern als Richard Widmark mit seinem arroganten Grinsen.

Die besten New-York-Filme – eine kuratierte Auswahl

Genre: Thriller
Länge: 81 Min.
Regie: Samuel Fuller
Cast: u.a. Jean Peters, Richard Widmark, Thelma Ritter, Richard Kiley, Murvyn Vye, Willis Bouchey, Vic Perry, Milburn Stone, Parley Baer
alt. Titel: Lange Finger – Harte Fäuste, Polizei greift ein
Text verfasst von: Robert Lorenz
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Szene aus ‚Der Scharfschütze (1950)‘, Bildquelle: Der Scharfschütze (1950), Twentieth Century-Fox

Der Scharfschütze (1950)

Stimmung: wild-westlich

„Der Scharfschütze“ zerlegte lange vor New Hollywood den Film-Mythos des Revolverhelden.

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Der Scharfschütze (1950)

Den Schnäuzer, den Gregory Peck hier als im ganzen Westen berüchtigter Gunslinger Jimmy Ringo trägt, hätte Fox-Boss Darryl F. Zanuck ihm am liebsten eigenhändig abgerissen; aber da war es schon zu spät und der hochgelobte Film in den Kinos hinter den Erwartungen zurückgeblieben – vielleicht, weil sich die Zuschauer ihren Gregory Peck eben ohne Bart wünschten. Vielleicht aber auch, weil „Der Scharfschütze“ schlicht den Mythos des Revolverhelden – eines zentralen Genre-Elements – demontierte, indem er den Preis für Ruhm und Prestige im Alten Westen zeigte.

Ringos draufgängerischer Ehrgeiz, als härtester Westerner und schnellster Schütze zu gelten, hat ihn einsam gemacht; in jeder Stadt wird er abgewiesen, da niemand Ärger will und aufstrebende Heißsporne sich mit ihm anlegen, um als Killer von Jimmy Ringo in die Geschichte einzugehen. Jetzt sehnt er sich nach einem Durchschnittsleben mit Frau, Kind und Ranch. In einer Szene hält Ringo einen bedächtigen Monolog: „It’s a fine life, ain’t it? Just trying to stay alive. Not really living, not enjoying anything, not getting anywhere. Just trying to keep from getting killed.“ Er sagt es zu einem alten Weggefährten, einem Ex-Ganoven, der inzwischen als U.S. Marshal das Gesetz hütet, weil er im Unterschied zu Ringo ein unbekannter Outlaw war und ohne diese Prominenz ein neues Leben beginnen konnte.

Der Scharfschütze“ ist mit seinem anti-heroisch melancholischen Unterton und dem illusionslosen Finale ein Urahn des New Hollywood-Kinos der späten Sechziger und frühen Siebziger. Die Kritiker feierten ihn, das Publikum blieb skeptisch. Die Spannung liegt nicht etwa darin, wen Ringo als Nächsten erschießt, sondern ob wie lange er ebendas vermeiden kann.

Als für die Zeit bemerkenswert authentische Kulisse dient das hölzerne Fox-Studiostädtchen, das davor und danach u.a. auch in The Ox-Bow Incident“ (1943) und Forty Guns“ (1957) erheblich zur jeweiligen Filmatmosphäre beigetragen hat.

Mehr Western entdecken: unsere Auswahl einiger der besten Western aller Zeiten.

Genre: Western-Drama
Länge: 85 Min.
Regie: Henry King
Cast: u.a. Gregory Peck, Millard Mitchell, Helen Westcott, Karl Malden, Jean Parker, Skip Homeier, Anthony Ross, Verna Felton, Ellen Corby, Richard Jaeckel, Harry Harvey, Angela Clarke, Peter Brocco, Alan Hale Jr., David Clarke, John Pickard
alt. Titel: The Gunfighter
Text verfasst von: Robert Lorenz
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